Zyklische Struktur des Rig Veda

Der Kreis als Spiegel des Bewusstseins


Bernd Zeiger

17. September 2025



Einleitung:

Der Kreis ist der Prototyp aller sich wiederholenden Phänomene in Raum und Zeit. Makroskopisch spiegelt er den Rhythmus der Gestirne, den Wechsel der Jahreszeiten, den Atem, den Herzschlag, den Zyklus von Tag und Nacht und den Wechsel der drei Haupt-Bewusstseinszustände (Wachen, Schlafen und Träumen) und mikroskopisch die innere periodische Dynamik der Moleküle, Atome und Elementarteilchen, die für den Aufbau und das Verhalten der Materie verantwortlich ist. Oft ist die zugrunde liegende Kreisform des Geschehens nicht leicht zu erkennen und erschließt sich erst durch eine gründliche Analyse. Dazu haben Wissenschaft und Technik hochempfindliche Methoden der Schwingungsanalyse entwickelt, die von großer Bedeutung sind bei der Diagnose und Wartung aller Abläufe in Industrie, Wirtschaft, Gesellschaft und der individuellen Gesundheit.

Besonders erstrebenswert wäre deshalb eine wirkungsvolle Schwingungslehre zur Sicherung der Effektivität von Wahrnehmung und Erkenntnis, denn diese bestimmen letztlich das menschliche Denken und Handeln sowie die gesamte sprachliche Kommunikation.

Dass der in Indien überlieferte Rig Veda dieses dringend gebrauchte Schwingungs-Wissen ist, lässt sich bereits unabhängig vom Inhalt aus seinem zahlenmäßigen Aufbau ableiten. Das folgt aus einer von Maharishi Mahesh Yogi in den 1970er Jahren begonnenen Analyse der traditionellen Struktur des Rig Veda, die ergab, dass darin Sprache und Zahl, Klang und Form völlig synchronisiert sind. Dabei zeigt sich, dass der Schlüssel zu einem integrierten, lebensrelevanten Verständnis des Rig Veda in einem 4. Hauptbewusstseinszustand liegt, der jedem durch Meditation zugänglich ist: in-sich-ruhendes, selbst-bezogenes Bewusstsein. Der Kreis wird dadurch ein Spiegel des Bewusstseins.


Kreisform des Rig Veda


Selbst-rückbezügliche Eigendynamik ist nach dem aktuellen Erkenntnisstand der modernen Wissenschaft das Kennzeichen der grundlegendsten Ebene von Natur und Schöpfung. Deshalb sind kreisförmige Strukturen in der mathematischen Naturwissenschaft allgegenwärtig.

Das muss auch für den Rig Veda gelten, da dieser sich selbst als klangliche Darstellung der Eigendynamik des Bewusstseins versteht. Da Bewusstsein der Wesenskern und Motor jeder Entwicklung ist, hat die Erforschung und Nutzung des Rig Veda eine zentrale kulturelle Bedeutung: Rig Veda ist Wissen (Veda), das bewegt (Rig).

Die traditionelle Anordnung des Rig Veda in zehn Mandala (Kreise) aus rhythmischen Texten (Sukta) weist in diese Richtung, insbesondere auch deshalb, weil Anfang und Ende - 1. und 10. Mandala - die gleiche Zahl an Suktas haben.

Mandala 1 
191 Sūktas – 2006 Richas

Mandala 2 
43 Sūktas – 429 Richas
Mandala 3 
62 Sūktas – 617 Richas
Mandala 4 
58 Sūktas  – 589 Richas
Mandala 5 
87 Sūktas  – 727 Richas
Mandala 6 
75 Sūktas  – 765 Richas
Mandala 7
 104 Sūktas  – 841Richas
Mandala 8 
103 Sūktas  – 1716 Richas
Mandala 9 
114 Sūktas  – 1108 Richas

Mandala 10 
191 Sūktas  – 1754 Richas


Die Rolle der Mandalas 2 bis 9 ist auf den ersten Blick nicht klar. Zu erkennen ist ein Trend zunehmender Zahl von Suktas und Richas (rhythmische Bausteine der Suktas), wobei das Verhältnis Richa/Sukta zwischen 8 und 10,5 fluktuiert, mit Mandala 7 als Ausreißer nach oben.

Reines Zählen oder Kombinieren hilft allein nicht weiter, um eine zyklische Gesamtstruktur des Rig Veda zu erkennen. Die Fluktuationen weisen jedoch auf eine übergeordnete Gesetzmäßigkeit hin, die auch statistisches Verhalten mit einschließt, also Freiheit und Notwendigkeit integriert.


Der meditative Zugang: Abhava 


Die Methode, die zyklische Struktur des Rig Veda zugänglich zu machen, ist ein nicht eingreifender Beobachtungsvorgang d.h. das Schauen dessen, was unterhalb des wahrnehmbaren, veränderlichen  Oberflächengeschehens wirkt. Die Situation ist analog wie bei der Erforschung der Natur, wo statistische Gesetzmäßigkeiten und kollektiv-kohärentes Verhalten zusammenwirken. In der Wissenschaft gibt es für die Analyse der transformativen Übergänge im Spannungsfeld von Freiheit und Notwendigkeit die unterschiedlichsten Bezeichnungen z. B. kinetische Betrachtung, Streu-Prozesse, Wechelwirkungs-Bild. 

Das was im Zwischenbereiche zwischen Sein und Werden mental unmittelbar jedem zugänglich ist, sind folgende vier Schritte des Übergangs: 
  1. Pradhvaṁsa Deaktivierung:  Alles oberflächlich sichtbare löst sich auf. Das Bewusstsein zieht sich aus der Vielfalt zurück. 
  2. Atyanta Ruhe: In der Stille verschwinden Unterschiede. Nur der selbstbezogene Zustand des Seins bleibt bestehen. 
  3. Anyonya – Ruhe-volle Wachheit: Das Bewusstsein erkennt in der Stille seine eigene Struktur – die sich selbst organisierende Ordnung. 
  4. PrāgAktivierung: Aus der inneren Wachheit heraus erscheinen die äußeren Strukturen in neuem Licht - der Kreis schlisst sich. 

Als spontaner, natürlicher und automatischer geistiger Vorgang wird der vierstufige Ablauf Meditation genannt. Meditation ist aus dieser Perspektive ein nicht eingreifender Beobachtungsvorgang, der insgesamt aus 4 Schritten besteht: Deaktivierung (Pradhvaṁsa), Ruhe (Atyanta), Ruhe-volle Wachheit (Anyonya) und Aktivierung (Prag). Durch ihn erschließt sich - wie wir sehen werden - die Kreisstruktur des Rig Veda.

Meditation ist also nicht nur ein Entspannungsvorgang, sondern eine systematische Erkenntnismethode, die es erlaubt, die Invarianten in allen Veränderungen zu erkennen. Diese Invarianten sind einerseits das, was unveränderlich bleibt, andererseits das, was sich verändert, d.h. das was Veränderung erst möglich macht. Dieses transformative Verständnis von Meditation behandelt das 6. Kapitel der Bhagavad Gita: Meditation auf der Basis von Yoga.

Der meditative Zugang zum Rig Veda führt insgesamt zu der überraschenden Erkenntnis, dass er sich selbst erklärt, d.h. das, was im Rig Veda als Struktur zu sehen ist, sagt bereit alles darüber, was der Rig Veda bedeutet. Maharishi Mahesh Yogi prägte dafür die Bezeichnung Apaurusheya Bhashya: der nicht vom Menschen gemachte Selbst-Kommentar,  und weist exemplarisch an Hand des Rig Veda nach wie diese Selbsterklärung darin realisiert ist.


Zahlen im Rig Veda


Die Nummerierung der Mandalas des Rig Veda von 1 bis 10 weist nicht nur auf eine sequentielle Entwicklung hin, sondern auch darauf, dass diese durch Dezimalzahlen dargestellt werden kann.

 Dezimalzahlen sind durch die Existenz der Zahl 0 in Verbindung mit dem Stellenwertsystem besonders geeignet, sequentielle Entwicklungen mit qualitativen Sprüngen abzubilden. Die Synergie von Stellenwertsystem mit der Null als vollem Zahlzeichen macht Dezimalzahlen zu einem perfekten Werkzeug, um kontinuierliche, quantitative Veränderungen präzise zu messen und gleichzeitig die diskreten, qualitativen Sprünge exakt zu definieren, die sich aus dieser Kontinuität ergeben. 


 Dezimalzahlen

Das Dezimalsystem ist die Erweitung die Rechenregel für Zahlen durch drei Konzepte:

Stellenwert (Position = Wert):
Der Zahlenwert einer Position in einer linearen oder zyklischen Folge.

Die Basis 10 
Die Basis 10 legt die Reichweite (Dimension) der Zahlenwerte jeder Position in einer Folge fest und ab welcher Position Wiederholungen beginnen.  
Indem 10 einen Sprung markiert, legt das auch ein Richtung bzw. einen Drehsinn fest.

Zahl 0 als Leerstelle und Nullpunkt
Ohne eine Ziffer für "nichts" ist ein Stellenwertsystem mehrdeutig. Die Null als vollwertiges Zahlzeichen mit der Bedeutung "leere Stelle" löste dieses Problem.
Die Null allein, ohne Stellenwertsystem, wäre nur ein Symbol für „nichts“. Das Stellenwertsystem allein, ohne eine echte Null (wie z. B. im römischen Zahlensystem), wäre unflexibel und könnte weder „Nichts“ noch Bruchteile gut darstellen.  Durch das Stellenwertsystem ist die Null nicht einfach nur „nichts“, sondern hat zwei essenzielle Funktionen: 
Platzhalter: Die Null sichert die Position der anderen Ziffern. Ohne diese Null und das Stellenwertsystem wäre die Darstellung von „Leere“ oder einem neutralen Punkt unmöglich. Die Zahl 205 bedeutet 2 Hunderter, 0 Zehner, 5 Einer. Die Null sagt explizit: "Hier, an der Zehnerstelle, ist nichts."
Repräsentation des qualitativen Sprungs (Nullpunkt): Die Null markiert einen absoluten Wendepunkt. Sie ist die Grenze zwischen Positiv und Negativ, zwischen Vorhandensein und Nichtvorhandensein. Ein Prozess, der durch negative, neutrale und positive Zahlen dargestellt wird, hat an der Null einen fundamentalen qualitativen Sprung (z. B. von Verlust zu Gewinn, von Kälte zu Wärme, von Defizit zu Überschuss).

Das Stellenwertsystem ist der Katalysator, der die volle Kraft der Null als Platzhalter und qualitative Grenze zur Entfaltung bringt.

Das Stellenwertsystem (Dezimalsystem) ist der eigentliche Grund, warum Dezimalzahlen so mächtig sind. Es ermöglicht: 
  1. Unendliche Granularität und beliebige Präzision: Jede noch so kleine Entwicklung kann durch weitere Nachkommastellen dargestellt werden (0.01, 0.001, 0.0001 usw.). Man kann sich einem kritischen Punkt (z. B. der 0) asymptotisch nähern und diesen Prozess exakt beschreiben. 
  2. Eindeutige Darstellung von Größenordnungen: Jede Stelle repräsentiert eine andere qualitative Stufe (Einer, Zehner, Hunderter oder Zehntel, Hundertstel, Tausendstel). Ein Übergang von 0.999 (fast 1) zu 1.000 ist ein kleiner quantitativer Schritt, aber ein großer qualitativer Sprung in der Größenordnung – man wechselt von der Welt der Zehntel in die Welt der Einer. 
  3. Darstellung kontinuierlicher Prozesse: Die Dezimaldarstellung erlaubt es, fließende Übergänge und allmähliche Anhäufungen (Quantität) darzustellen, die sich dann in einem neuen Zustand (Qualität) manifestieren. Beispiel Siedepunkt: Die Temperatur eines Wassers kann langsam von 98 °C auf 99.1 °C, 99.2 °C... 99.9 °C steigen (quantitative Veränderung). Der Übergang von 99.9 °C zu 100.0 °C markiert den qualitativen Sprung vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand. 
Die Dezimalzahl bildet sowohl die langsame Annäherung als auch den exakten Punkt des Umschlags perfekt ab.

Die Dezimalzahlen sind also zur Abbildung sequentieller Entwicklungen besonders gut geeignet, weil die Kombination aus Stellenwertsystem und der Null es erlaubt, alle vier Momente eines qualitativen Sprungs in einem einzigen, präzisen numerischen Format abzubilden: 

  1. Die quantitative Phase: Die stetige Zunahme oder Abnahme vor dem Sprung (z.B. 0.1, 0.2, 0.3 ... 0.9) 
  2. Der kritischen Punkt: Die Null in der Einerstelle der Bruchzahlen markiert das Ende der alten Qualität,
  3. Die exakte Schwelle, an der die Quantität in eine neue Qualität umschlägt; die 1.0 in der Einerstelle markiert den Beginn der neuen Phase (Ganzzahlen >1).
  4. Die neue quantitative Phase: Der Zustand nach dem Sprung (1.0, 1.1, 1.2, etc.).

Der am kritischen Punkt stattfindende qualitative Sprung von einer Zehnerposition zur nächsten erfolgt im Dezimalsystem immer in 8 Zwischenschritten, die präzise festgelegt sind

Das ergibt zwangsläufig die Mandala-Sequenz:

1 - 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 - 10

d.h. die Mandala 2 bis 9 kennzeichnen auf exakte Weise den Übergang vom 1. zum 10. Mandala

Das ist eine rein logische Konsequenz der dezimalen Mandala-Struktur des Rig Veda. Was im Bewusstsein in nur einem Schritt geschehen kann - der große Sprung  von 1 nach 10 ,  von einer Fülle zur nächsten Fülle - wird durch die Regeln des dezimalen Stellenwertsystems als ein Prozess der schrittweisen Addition dargestellt. 

Das Stellenwertsystems in Aktion schließt einem "Überlauf" d.h. das Phänomen der Erfüllung mit ein,  denn die "Einer"-Kategorie der Fülle ist mit 9 Einheiten als Höchstmenge "gefüllt". Die Einerstelle kann die 10 nicht mehr als einzelne Ziffer darstellen. Mit Ziffer 9 wird auf 0 zurückgesetzt: 
"Neun macht neu." 
Ein Übertrag (Carryover) entsteht. Dieser Übertrag wird zur nächsthöheren Stelle (Zehnerstelle) addiert. An der Zehnerstelle steht zuerst eine 0. dann ergibt 0 + 1 (vom Übertrag) 10. 

Der Übergang von 1 zu 10 ist also im Stellenwertsystem ein Überlauf mit Übertrag :

Eine quantitative Einheit ("Fülle") verlässt ihre ursprüngliche qualitative Kategorie (Einer) und begründet eine Einheit in einer neuen, höheren qualitativen Kategorie (Zehner). Die 0 in der Einerstelle ist dabei das sichtbare Zeichen dafür, dass die alte Kategorie "geleert" wurde. Dieser sich ständig fortsetzende Vorgang der Entleerung (Nullifizierung oder Erfüllung) einer Ebene als Grundlage für die Entfaltung einer neuen Ebene von den Einern zu den Zehnern, zu den Hunderten, zu den Tausendern, usw. ist der Schlüssel zum Rig Veda. Der vedische Fachausdruck für diesen fundamentalen, allgegenwärtigen und unzerstörbaren "Kollaps-Vorgang"  ist Akshara.

Die dezimale Organisation des Rig Veda spiegelt also zahlenmäßig das wider, was der Fluss der vedischen Laute, die ebenfalls Akshara genannt werden, phonetisch, auf der Ebene der Sprache ausdrückt.



Mathematische Präzision vedischer Ausdrücke

Bernd Zeiger
(2. 10. 2025)

In seinen Vedischen Studien führte Maharishi Mahesh Yogi(1918-2008), Begründer der Transzendentalen Meditation, zwei ungewöhnliche Begriffe ein - Kollaps und Gap(Intervall) -, die aber bisher weder in die Lehre der Meditation noch in die akademische Veda-Forschung Eingang gefunden haben. Aber unabhängig davon entstanden analoge Begriffe in Naturwissenschaft und Technik sowie in den Kulturwissenschaften, so dass es an der Zeit ist, die praktischen und theoretisch Konsequenzen beider Begriff für meditationsbasierte Veda-Studien zu untersuchen. Die große Rolle von Kollaps und Intervall in der Mathematik erweist sich dabei als richtungsweised, insbesondere durch das Dezimalzahlensystem, das die vedische Kultur seit Urzeiten benutzt und durch den Kontakt mit der arabischen Welt im 9. Jahrhundert nach Europa kam. Zwar setzte es sich zunächst nur langsam durch, aber sein offensichtlicher Vorteil für Handel und Wissenschaft führte ab dem 17. Jahrhundert zu seiner globalen Verbreitung. Die dezimale Organisation des Rig Veda - das sprachlich fixierte Gesamtwissen der vedischen Kultur - erlaubt jetzt den Nachweis, dass in vedischen Ausdrücken zahlenmäßige Präzision mit klangbezogener Resonanzwirkung miteinander verschränkt sind: ein Plädoyer nach den Dezimalzahlen, auch die vedische Sprache in die moderne Zivilisation zu integrieren 

In der modernen Zivilisation werden der Umgang mit Zahlen und sprachliche Kommunikation getrennt genutzt: Rechnen, d.h. der Umgang mit Zahlen, als Teil der Zahlensprache (Mathematik), ist überwiegend mengenbezogen, quantitativ und formal während sprachliche Kommunikation beziehungsbezogen, qualitativ und spontan ist.

Die phonetische Sprache ist entwicklungsmäßig primär, denn über phonetische Ausdrücke erzählt das Bewusstsein unmittelbar von sich selbst. Demgegenüber bildet die zahlenmäßige Darstellung die Selbstreflexion des Bewusstseins mittelbar in einem zweiten Schritt als „Formel“ ab, die aufzeigt, wie Bewusstsein funktioniert.

Auch ihre unterschiedlichen Trägermedien unterscheiden phonetische und formale Sprache voneinander. Phonetische Trägermedien (wie Luft) verbinden Sprechen und Hören, während Formen mittels Licht unterschieden und gesehen werden.

Phonetik = Name = Wissen = Beobachter /Raum/Hören
Mathematik = Form = Organisierende Kraft = Intelligenz/Licht/Sehen

Weil aber der primäre phonetische Ausdrucksschritt seine Organisationskraft unausgesprochen mit einschließt und jeder formale Ausdruck auch phonetisch darstellbar ist, kann die Trennung zwischen Mathematik und Sprache im phonetischen Bereich aufgehoben werden.

Vedische Ausdrücke sind der Beleg dafür, denn sie schließen in ihre Klangstruktur die organisierende Kraft mit ein. Die vedische Phonetik verschränkt Name und Form bzw. Wissen und organisierende Kraft derart, dass vedische Ausdrücke als Schwingung resonanzfähig sind und synchron über ihre diskrete sequentielle Struktur zahlenmäßig exakte Werte und Beziehungen vermitteln.

Jede Trennung von phonetischer Sprache und Zahlen-Sprache hebt die vedische Verschränkung auf (Symmetrie-Bruch). Was aber u. U. bleibt, ist die Erinnerung daran in Form von Komplementaritäten, durch die Defizite oder Lücken in der einen Darstellung von der anderen ausgeglichen werden.

Geraten auch die Komplementaritäten in Vergessenheit, entsteht die für unsere Zeit typische Kluft zwischen dem spontan gelebten Wissen einer Gesellschaft und der Reflexion über die Funktionsweise von Wissen durch wenige Experten. Letzteres schließt die Möglichkeit des Machtmissbrauchs mit ein. 

Vedische Ausdrücke haben das Potential, diese Kluft zu beseitigen, weil diese mit der phonetischen Wiedergabe der Eigendynamik des Bewusstsein immer auch das damit verbundene exakte zahlenmäßige Beziehungsmuster ausdrücken bzw umgekehrt das Bewusstsein aus exakten Beziehungsangaben die zugehörige phonetische Wissensstruktur rekonstruiert.

Gemäß der vedischen Kultur gelingt die Wiederherstellung der Verschränkung durch die Formel:

Samkhya (zahlenmäßige Differenzierung) <=> Yoga (wahrgenommene Einheit)

Der Schlüssel zur kulturellen Restauration und Resilienz  ist also einerseits der unmittelbare Zugang zum Ursprung aller Gedanken (zahlenbezogene und sprachbezogene gleichermaßen), als ein universeller, jedem zugänglicher Zustand des Seins bzw. des Bewusstseins (Yoga), und andererseits die Verwendung vedischer Ausdrücke, deren transformative Resonanz und zahlenmäßige Präzision die Einheit des Seins wahrnehmbar und lebensrelevant macht

Der Zugang zum Ursprung der Gedanken wird in der Vedischen Kultur Meditation (Dhyana) genannt. Wenn vom Menschen praktiziert hat Meditation entwicklungsförderliche Konsequenzen in allen Bereichen seines persönliches Leben, die objektiv nachweisbar sind.

Als bewusster Vorgang ist Meditation durch zwei sich ergänzende und nacheinander wirkende Operationen gekennzeichnet: 

Kollaps in einen attraktiven Zustand (Entspannung) 
gefolgt von einem transformativem Intervall.

Ein Intervall (Gap, Übergangszustand) ist also in diesem Kontext kein Symbol von etwas, sondern ist ein operativ wirksames Strukturmodell des Potentiell-möglichen, das geeignet ist den Kollaps formal zu vollziehen.

Kollaps und Interval sind also zwei komplementäre Aspekte jedes Erkenntnisprozesses, die sich ständig wiederholen, weil sie als Ausdruck der selbstbezogenen Eigendynamik des Bewusstseins zirkulär ablaufen.

Aufzählen (Theorie, Samkhya) und Vereinheitlichen (Erfahrung, Yoga) 
sind der simultane Ausdruck des sequentiellen Zusammenwirkens von Kollaps und Intervall.

Die Begriffe „Kollaps“ und „Intervall“ treten deshalb überall in der Naturforschung, Mathematik und Sprache auf, weil sie sich letztlich auf die gemeinsame Realität des Bewusstseins beziehen. D.h. „Kollaps“ und „Intervall“ sind elementare Ausdrucksformen von Bewusstsein als Zusammenwirken von Erkennendem (Subjekt), Erkenntnisvorgang (Beziehung) und Erkenntnisobjekt (Objekt) den Ur-Phänomenen des Selbstbezugs:

Der Kollaps ist das Bestimmen-Wollen und 
das Intervall ist das Empfangen-Können.

„Kollaps“ und „Intervall“ sind Grundbegriffe des Bewusstseins, denn 
  • der Kollaps ist der Erkenntnisvorgang (Beziehung) an sich, die operative Schnittstelle, an der sich das Bewusstsein zur Welt in Beziehung setzt. Es ist der Akt der Unterscheidung und Selektion, der Prozess des Wahrnehmens, Urteilens und Begreifens. Das Ergebnis des Kollapses (der Punktwert) ist der Erkennende (das Subjekt) in seiner Objekt-Beziehung. Durch den Kollaps konstituiert sich das Subjekt als erkennendes Subjekt eines bestimmten Objekts.
  • Das Intervall ist das Erkannte an sich. Es repräsentiert die Gesamtheit des Gegebenen in potenzieller Form, bevor eine Unterscheidung gemacht und eine Entscheidung getroffen wird. Es ist das „Feld aller Möglichkeiten“, die „reine Mannigfaltigkeit“ der Erfahrung, die Welt in ihrer ungegliederten Fülle.
Kollaps bezeichnet den Übergang von einer Mannigfaltigkeit zu einem diskreten Punkt.
Andere Fachspezifisch Begriffe dafür sind Kollaps der Wellenfunktion, Projektion, , Grenzwert (Limes), Konvergenz, Reduktion der Komplexität bzw. Emergenz.

Intervall bezeichnet den „Prozessraum“ bzw. das „Kontinuum der Potenzialität“. Fachsprachen verwenden dafür Begriffe wie Lücke (Gap), Pausen, Übergangs­zustand, Kontinuum, metrischer Raum, Phasenraum bzw. Konfigurationsraum, Möglichkeitsraum, Zustandsraum, kontinuierlicher Wertebereich.

Das Paar Kollaps/Intervall 
ist ein universelles Schema zur Beschreibung von Prozessen der Entscheidung, Selektion, Messung, Emergenz und Erkenntnis. Es erscheint überall dort, wo ein System mit einer Fülle von Möglichkeiten konfrontiert ist und durch eine interne oder externe Operation gezwungen wird, einen bestimmten Zustand anzunehmen. Zu verstehen, wie in einer bestimmten Theorie das „Intervall“ definiert ist und was den „Kollaps“ auslöst, bedeutet, den Kern dieser Theorie zu verstehen. Es ist die grundlegende Dynamik, die der Spannung zwischen Potenzialität und Aktualität in allen wissenschaftlichen Beschreibungen der Welt zugrunde liegt.

Im Erkenntnisprozess sind also Vereinheitlichung und Aufzählen über die beiden Begriffe „Kollaps“ und „Intervall“ miteinander verschränkt, d. h.
Vereinheitlichen (Erfahrung) = Kollaps, denn Erfahrung ist immer konkret und singulär. In der Wahrnehmung „kollabiert“ die unendliche Mannigfaltigkeit der möglichen Reize zu einer bestimmten, vereinheitlichten Erfahrung. Dies ist ein Prozess der Integration und Synthese.
Die vedische Bezeichnung für diese Operation im phonetischen Bereich ist Akshara, was „Kollaps (kshara) von A“ bedeutet, wobei A der Vokal A ist, der durch volle Öffnung des Mundes die Fülle der klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten kennzeichnet. Der Konsonant K kennzeichnet durch seinen Kehlverschluss, der den Strom der Atemluft blockiert, den Haltepunkt.
Die erste zahlenmäßige Charakterisierung des Kollapses ist die Lokalisierung eines Punktes im unendlichen, unspezifizierten Kontinuum des Zahlenstrahls.
Aufzählen (Theorie) = Intervall: Theorie strebt nach Vollständigkeit. Sie will alle Möglichkeiten ausloten, alle Fälle, alle Elemente erfassen. Dies ist ein Prozess der Differenzierung und des Auseinanderlegens (Analysis). Es ist ein (definitionsgemäß unvollendbarer) Versuch, dem „Wissen“ (der Mannigfaltigkeit) gerecht zu werden.

Jede Vereinheitlichung (jeder „Kollaps“) trägt die Spur der Aufzählung (des „Intervalls“) als Potenzial in sich und jedes Intervall ist die Aktualisierung des ursprünglichen Kollapses, wobei 

ein Intervall im hier benutzten Sinn den Kollaps in einem dreifachen Sinne realisiert:
1. Reduktion, 2. Punkt mit Eigendynamik (vollständiger Kollaps), 3. Emergenz.

Zu 1. Kollaps als Reduktion (die negative/aufhebende Bewegung)
Dies ist die Wiederholung des ursprünglichen Kollapses, aber eingebunden in die evolutionäre Dynamik. Dieser Kollaps ist eine Vereinfachung, eine Informationsverdichtung, eine Projektion. Es ist ein Prozess des Weglassens, des Abstrahierens von Komplexität, des Vergessens. Funktionell ermöglicht er die Bearbeitbarkeit und Messbarkeit der Erkenntnis. Aus der unendlichen Fülle wird ein fassbarer, diskreter Wert.
zu 2. Kollaps als Punkt mit Eigendynamik (vollständiger Kollaps / der stabilisierte Zustand)
Dies ist der entscheidende zweite Schritt des Intervalls. Der kollabierte Zustand ist nicht tot, sondern besitzt eine eigenständige Qualität und Dynamik. einen Überlaufprozess und ist dadurch der Anfang einer neuen qualitativen Ordnung, bildet so den stabilen Referenzpunkt, von dem aus neue Operationen möglich sind. Der kollabierte Punkt wird zum neuen Fundament.
3. Kollaps als Emergenz (die schöpferische Synthese)
Dies ist die umfassendste Bedeutung des Kollapses. Der Kollaps ist nicht nur Ende, sondern Anfang von etwas qualitativ Neuem, das in den Bestandteilen des Intervalls nicht angelegt war. Es entsteht eine neue Qualität, die nicht durch ihre quantitativen Ursachen vorhergesagt werden kann. Begründet qualitative Sprünge, Evolution und die Entstehung von Neuem. 
Beispiel: Der qualitative Sprung vom flüssigen Wasser bei 99.9°C zu Wasserdampf bei 100,0 °C. Die quantitative Addition von Energie (im „Intervall“ der Temperatur) führt an einem kritischen Punkt zu einem Kollaps des alten Zustands und zur Emergenz einer neuen Qualität (Gasförmigkeit) mit völlig neuen Eigenschaften (andere Dichte, Volumen, etc.).

Diese Dreiteilung eines Intervalls erfasst bzw. erläutert die volle Reichweite des Kollaps-Begriffs und erhebt ihn von einer einfachen Reduktion zu einem vielschichtigen, produktiven Prinzip. Diese drei Arten von Kollaps zusammen bilden das Intervall.

Die Dreiteilung zeigt, warum der Kollaps kein tragischer Verlust, sondern die Quelle von Ordnung, Identität und Neuheit in der Welt ist. Er ist der Mechanismus, durch den das Mögliche wirksam und das Wirkliche neu wird.

In seinem Kommentar des Rig Veda hat Maharishi Mahesh Yogi dieses sequentielle Entfaltungsmuster explizit im phonetischen Aufbau der vedischen Audrücke nachgewiesen. Im sprachlichen Bereich repräsentiert dabei der Vokal A das Kontinuum der phonetischen Möglichkeiten der Sprache und der Konsonant K den völligen Haltepunkt im Sprachfluss. AK als der klangliche Prototyp des Kollapses von A nach K (A > K) ist das erste Akshara des Rig Veda.
Das erste Intervall, das diesen 1. Kollaps erläutert, ist dann (A> GNI < M) das 1. Wort des  Rig Veda AGNIM

Die insgesamt 1 + 3 Schritte aus Kollaps und Intervall beschreiben die Momente eines Prozesses, der als Meditation erlebt wird:
  1. Vereinheitlichung (Kollaps) steht am Beginn (z. B. die Erfahrung eines Gedankens bzw. Anblick eines Baumes).
  2. Der reduktive Kollaps des Intervalls führt zum „Ding an sich“, dem Zustand des Seins: Punktzustand oder Grundzustand. (vergleichbar mit dem Ursprung der Gedanken bzw. dem Samenzustand des Baums)
  3. Der Wesenskern des Intervalls, die Belebung aller Möglichkeiten, Aufzählung (Theorie), erkennt die innere Mannigfaltigkeit der Einheit (Gedankenimpulse entstehen, Samen keimen).
  4. Durch erneute Vereinheitlichung (Kollaps) fließt das theoretische Wissen zurück in eine Wahrnehmung. (ein neuer Gedanke, ein neuer Baum).
Das ist der typische Zyklus, der sich in jeder Meditation wiederholt sowie auch langfristig in der Bewusstseinsentwicklung:

Dasselbe Muster, das phonetisch den Rig Veda strukturiert, organisiert auch seinen zahlenmäßigen Aufbau. Das deshalb weil die Komplementarität von Kollaps und Intervall als fundamentales Muster der Erkenntnis auch im Zahlenbereich wirkt, der die organisierende Kraft des Wissens in das Verbindungslied zwischen Bewusstsein und der unendlichen Fülle der Welt bringt, Jede Aufzählung zielt auf eine neue, reichere Vereinheitlichung ab.

Dass die zahlenmäßige Analyse vedischer Ausdrücke heute von jedem nachvollzogen werden kann, beruht auf dem hohen Entwicklungsstand der modernen Phonetik, die in der Lage ist, die Feinheiten des vedischen Sprachflusses formal exakt schriftlich abzubilden (phonetische Transkription).

Kollaps und Intervall  im Bereich der Zahlen setzen Null und Eins voraus

Im Bereich der Zahlen setzen Kollaps und Intervall die Null und die Eins als Grundpfeiler jeder quantitativen Struktur voraus. Sie sind nicht einfach Zahlen unter anderen, sondern die konstitutiven Bedingungen der Möglichkeit von Maß, Vergleich und Transformation. Die mathematische Struktur von Intervall und Kollaps offenbart die reine Form der phonetischen Darstellung der Bewusstseinsakte, befreit von den Zufälligkeiten der Phonetik und der spezifischen Inhalte.

1. Der Kollaps setzt Null und Eins voraus:

Die Notwendigkeit von Ziel und Identität: Der Kollaps ist ein Prozess, der auf ein Ziel hinführt. Dieses Ziel und die Natur des Prozesses selbst setzen Null und Eins voraus.

Der Kollaps braucht ein Ziel. Der paradigmatische Kollaps ist die Konvergenz einer Folge gegen einen Grenzwert, den Attraktor, der stabile Endzustand, auf den der gesamte Prozess hinausläuft. Der Kollaps ist die Überführung einer unbestimmten Approximation in eine bestimmte Identität.

Die Eins als Garant der Identität: Die Eins bleibt unter dem Kollaps identisch mit sich selbst.
Der Kollaps-Prozess würde keinen stabilen Punkt erzeugen, wenn sich das Ziel selbst unter der Projektion verändern würde. Die Eins muss als invariante Einheit vorausgesetzt werden, damit der Kollaps überhaupt einen wohldefinierten Endzustand hat. Ohne die Eins wäre der Kollaps ein zielloses Schwanken. Die Eins ist der Fixstern, der dem Kollaps seine Richtung und seinen Sinn gibt. Die Eins ist die Invariante des Kollapses (die Identität, zu der zurückgekehrt wird).

Der Kollaps braucht eine neutrale Basis (die Null), um den Abstand zum Invarianten zu messen. Der Kollaps ist genau dann abgeschlossen, wenn die Differenz zwischen Prozess und Invariante gleich Null ist. Die Null ist das Maß für die Vollendung des Kollapses (die Differenz wird Null).

2. Das Intervall setzt Null und Eins voraus 

Die Notwendigkeit von Bezug und Einheit: Ein Intervall – besonders das paradigmatische Intervall (0,1) – ist per definitionem ein Abstand zwischen zwei Punkten. Seine Existenz und Charakterisierung setzen zwingend zwei Dinge voraus: Ohne diese beiden Pole wäre das Intervall ein bloßes, undefiniertes Kontinuum ohne Orientierung und Maß.

Die Null als absoluten Bezugspunkt (Ursprung):
Ein Intervall muss von etwas bis zu etwas reichen. Die Null fungiert als der absolute Ursprung, der fixe Referenzpunkt, von dem aus alle Abstände erst gemessen werden können. Ohne die Null als definierten Ausgangspunkt wäre das Intervall (0,1) nicht von (2,3) oder (–5,–4) zu unterscheiden. Es wäre ein „Abstand“ ohne Anker in einem größeren Koordinatensystem. Die Null verortet das Intervall. Die Null repräsentiert das Nichtsein, die reine Potenzialität vor der Setzung einer Größe. Das Intervall (0, 1) ist der erste Akt der Manifestation aus dieser Potenzialität heraus. Die Null gibt dem Intervall seine Position (seinen Bezug zum Ganzen).

Die Eins als definierende Maßeinheit (Skala):
Die obere Grenze „1“ des Intervalls (0,1) ist nicht willkürlich. Die Eins ist die grundlegende Maßeinheit, der Skalierungsfaktor. Das Intervall (0, 1) ist der Einheitsabstand. Es definiert, was „eine Einheit“ überhaupt bedeutet. Alle anderen Intervalle werden relativ zu diesem Ur-Maßstab gemessen. Das Intervall (0,2) ist „zwei Einheiten“ lang. Die Eins repräsentiert die reine Einheit, die ungeteilte Ganzheit. Das Intervall (0, 1) ist der Raum der Teilbarkeit dieser Einheit, der Raum aller möglichen Bruchteile. Die Eins gibt dem Intervall seine Bedeutung (seine metrische Struktur und Skalierung).

Null und Eins sind die transzendentalen Bedingungen dafür, dass überhaupt von einem „Intervall“ und einem „Kollaps“ die Rede sein kann. Sie sind die ultimativen Bezugspunkte, die jedem Messen, jedem Werden und jedem Ziel einen Sinn geben. Jede Theorie, die mit Intervallen und Reduktionsprozessen arbeitet, setzt immer schon – explizit oder implizit – die „Null“ (ein neutrales Element, einen Grundzustand) und die „Eins“ (eine Einheit, einen Referenzwert) voraus. Das Zusammenwirken von Intervall und Kollaps inszeniert ein fundamentales Drama, das nur auf der Bühne stattfinden kann, die von Null und Eins errichtet wurde.

Die Ableitung der algebraischen Körperstruktur aus dem Zusammenwirken von Kollaps und Intervall

Aus dem Zusammenwirken von Intervall und Kollaps lassen sich die Rechenregeln für Zahlen und damit auch deren algebraische Körperstruktur ableiten, die auch für Dezimalzahlen gelten.

Die Ableitung der algebraischen Körperstruktur aus dem Zusammenwirken von Kollaps (der Aktualisierung) und Intervall (dem Raum der Potenzialität) ist ein beeindruckendes Gedankenexperiment. Es zeigt, wie sich die scheinbar abstrakten Rechenregeln zwingend aus der Dialektik von Kontinuum und Diskretion ergeben.

Ableitung der Körperaxiome aus dem Zusammenwirken von Kollaps und Intervall  bedeutet aus der Prämisse
Kollaps: Repräsentiert den Akt der Messung, Entscheidung oder Projektion auf einen bestimmten, diskreten Wert. Er vollzieht den Übergang vom Möglichen zum Wirklichen.
Intervall (0,1): Repräsentiert das Kontinuum aller möglichen Verhältnisse und Größen zwischen Nichts (0) und Ganzer Einheit (1). Es ist der Raum des Werdens, der Approximation und der infinitesimalen Variation.
die folgenden Körperaxiome abzuleiten(Genaueres im nächsten Abschnitt)
  1. Existenz der neutralen Elemente (0 und 1)
  2. Addition und ihre Eigenschaften
  3. Multiplikation und ihre Eigenschaften
  4. Distributivgesetz, das Addition und Multiplikation verbindet (Verschränkung).
Die Regeln der Algebra erscheinen so nicht als willkürliche Setzungen, sondern als notwendige Konsequenzen der Wechselwirkung zwischen einem diskretisierenden, messenden Akt (Kollaps) und einem kontinuierlichen, potenzialitätsgeladenen Hintergrund (Intervall).
  1. Die neutralen Elemente sind die fundamentalen Attraktoren des Kollapses.
  2. Die Addition ist die Regel für das Verbinden von Prozessen im Kontinuum.
  3. Die Multiplikation ist die Regel für das Skalieren und Wechseln von Größenordnungen.
  4. Das Distributivgesetz ist die zwingende Konsistenzbedingung zwischen diesen beiden Arten von Operationen (Verschränkung).
Die gesamte verschränkte Körperstruktur der reellen Zahlen lässt sich somit als das stabile operative Regelwerk interpretieren, das emergiert, wenn ein bewusstes, messendes Wesen (der Kollaps) in einem kontinuierlichen Raum der Möglichkeiten (das Intervall) handelt. Die Mathematik beschreibt damit nicht nur die Welt, sondern auch die notwendige Form unseres Zugangs zu ihr.

Die für den Rig Veda kennzeichnende dezimale Organisation spezifiziert und konkretisiert das Zusammenspiel von Kollaps und Intervall, Durch das Dezimalsystem wird der Mechanismus (organisierende Kraft) sichtbar gemacht , wie das Zusammenwirken von Kollaps und Intervall den zahlenmäßigen Zugang zur Welt erzeugt und welche Rollen die Addition und Multiplikation sowie das Distributivgesetz dabei spielen.

Das Dezimalsystem macht die verborgene Dynamik von Kollaps und Intervall auf zwei verschränkten Ebenen sichtbar: strukturell-mechanistisch und operativ-zahlenbezogen.

1. Wie das Dezimalsystem den Mechanismus sichtbar macht
Das Dezimalsystem ist keine willkürliche Notation, sondern die externalisierte und operationalisierte Form des Intervall-Kollaps-Prinzips.
Der Stellenwert als hierarchisierter Kollaps:
Die Ziffernfolge als verräumlichte Zeit/prozessuales Intervall
Das Dezimalsystem zeigt so den Übergang von Quantität zu Qualität in Aktion. Es ist eine Landkarte, auf der die Pfade des Werdens und Kollabierens direkt eingetragen sind.

2. Die Rolle von Addition, Multiplikation und Distributivgesetz
Diese Rechenoperationen sind die Werkzeuge, mit denen wir in dieser durch das Dezimalsystem erschlossenen Welt handeln. Sie sind die Sprache der organisierenden Kraft.
Die Addition realisiert den Kollaps auf der horizontalen Ebene des Stellenwertsystems. Addition ist die konservative Kraft. Sie bewegt sich innerhalb einer Größenordnung, ist die Sprache des Aneinanderfügens im Intervall-Raum.
Multiplikation ist die Sprache der Skalierung und qualitativer Sprünge. Multiplikation ist die transformative Kraft. Sie wechselt die Größenordnung. Die Multiplikation realisiert den Kollaps auf der vertikalen Ebene der Größenordnungen.
Das Distributivgesetz ist der fundamentale Vermittler die Brücke zwischen der additiven und der multiplikativen Welt.  Es ist die Konsistenzbedingung dafür, dass die organisierende Kraft, die im Dezimalsystem wirkt, nicht willkürlich, sondern nach einem einheitlichen, logischen Prinzip arbeitet. Es sorgt dafür, dass der "Kollaps" einer skalierten Summe derselbe ist wie die Summe der "Kollapse" der skalierten Einzelteile. Es garantiert, dass die Skalierung (multiplikative Kraft) mit der Art und Weise, wie wir Dinge zusammensetzen (additive Kraft), verträglich ist.(Verschränkung)
Das Dezimalsystem ist somit in vedischer Perspektive der zahlenmäßige Zugang zur Welt

Dezimalsystem:   der zahlenmäßige Zugang zur Welt

Das Dezimalsystem mit seinen Operationen erzeugt den zahlenmäßigen Zugang zur Welt, indem es einen dreistufigen Prozess etabliert. 
  1. Es stellt einen Selektionsmechanismus (Kollaps) bereit: Durch die Überlaufregeln bei Addition und Multiplikation sowie die Grenzwertbildung bei unendlichen Dezimalbrüchen vollzieht es die Auswahl eines bestimmten, diskreten Wertes aus diesem Feld.
  2. Es schafft einen potentiellen Raum (Intervall): Durch die unendliche Teilbarkeit der Stellenwerte (Zehntel, Hundertstel, ...) modelliert es die Welt als ein Feld von Möglichkeiten und Approximationen.
  3. Es kodiert die Regeln des Zusammenwirkens (Körpergesetze): Die Algebra mit Addition, Multiplikation und dem Distributivgesetz ist das Betriebssystem dieses Zugangs. Sie definiert, wie die Bausteine der Welt (Zahlen) konsistent kombiniert und transformiert werden können, um neue Wahrheiten zu generieren.
Das Dezimalsystem ist die sichtbare Ausdrucksform der organisierenden Kraft, die durch das Zusammenspiel von Kollaps und Intervall die quantitative Welt nicht nur beschreibt, sondern erst konstituiert. Wir sehen im Dezimalsystem die Grammatik der Wirklichkeitserzeugung.

Dezimalzahlen benutzt die vedische Kultur seit Urzeiten  Die Entdeckung des auf der Zahl 10 basierenden Stellenwertsystems ist eine zentrale kulturelle Erfindung und verbindet kognitive, praktische und sogar physiologische Faktoren. Durch den Kontakt mit der arabischen Welt (besonders in Spanien und über Fibonacci’s „Liber Abaci“) kam das Dezimalsystem im europäischen Mittelalter nach Europa. Durch seinen offensichtlichen Vorteil und die dadurch möglichen Erfolge des europäischen Handels, der Wissenschaft und später der Ind1ustrialisierung wurde das Dezimalsystem zum globalen Standard.

Da das sprachlich fixierte Gesamtwissen  der vedischen Kultur - der Rig Veda - eine dezimale Organisation hat, ist der Nachweis, dass dadurch zahlenmäßige Präzision mit klangbezogener Resonanzwirkung verschränkt sind, ein Plädoyer auch die vedische Sprache in die moderne Zivilisation zu integrieren.


Vedische Erweiterung der Wissenschaft

Bernd Zeiger
(13.10. 2025)

Die Erforschung von Natur und Leben durch die objektiven Methoden der Naturwissenschaft und Mathematik führte im 20. Jahrhundert zur Erkenntnis, dass die grundlegende Realität der Schöpfung und jedes einzelnen ihrer Teile ein selbstbezogenes Feld uneingeschränkter Verbundenheit (Einheit) ist, das eine die Einheit nicht aufhebende (unitäre) innere, dynamische Struktur hat. Da Selbstbezug Kennzeichen von Bewusstsein ist, hat damit die moderne Wissenschaft einen Erkenntnisstand erreicht, wo Bewusstsein – der Wesenskern des Subjektes – auch die Grundlage der objektiven Welt und der darin wirkenden Naturgesetze ist. Wissen als Zustand des Bewusstseins hat deshalb im modernen Verständnis drei miteinander verschränkte Aspekte: das wissende Subjekt (der Wissende), den Vorgang des Erkennens, der den jeweiligen Zustand des Wissens hervorbringt, und den Gegenstand des Wissens, einen bestimmten Sachverhalt. Damit trifft sich aber die moderne Sicht von Wissen mit dem älteren. Die alte Bezeichnung für das Subjekt, Objekt und die Subjekt-Objekt-Beziehung integrierende Wissen ist Veda. Wissen wird durch Sprache ausgedrückt und kommuniziert. Dies geschieht spontan phonetisch (Mantras) und formal durch Zeichen oder Symbole, in die die organisierende Kraft (Brahmana) einfließt. Das, was spontanes Wissen und organisierende Kraft verbindet, wird Wissenschaft genannt. Wissenschaft ist systematisches Wissen. Während der langen Geschichte der vedischen Kultur entstand aus dem Zusammenspiel von Wissen und organisierender Kraft eine hoch entwickelte Wissenschaft. Indem die moderne Wissenschaft die Erkenntnisse der vedischen Wissenschaft integriert, eröffnen sich dem menschlichen Leben neue Möglichkeiten. Das ist die Chance am Beginn des 21. Jahrhunderts.


Die für Bewusstsein kennzeichnende Selbstreflexion drückt sich in der Lebenswirklichkeit primär phonetisch aus. „Spontane, selbstbezogene Eigendynamik“ kennzeichnet die ständige, vollständig reflexive Bewusstseinsaktivität sehr treffend. Der psychophysiologisch primär entstehende differenzierte phonetische Ausdruck des Bewusstseinsstroms kann ebenfalls wieder vom Bewusstsein reflektiert werden. Das bringt die organisierende Kraft ans Licht, die die primär akustischen Ausdrücke hervorbringt. Diese organisierende Kraft unterscheidet sich wegen ihrer numerischen Konsequenzen vom spontanen phonetischen Ausdruck der selbstbezogenen Eigendynamik durch ihre Exaktheit. Die so mögliche zahlenmäßige Organisation der Erkenntnis führt zu einer dritten Ebene der Reflexion, die als Wissenschaft  (systematisches Wissen), Sprache und Zahlen verschränkt und so ein vollständiges Bild der ursprünglichen Eigendynamik des Bewusstseins (Veda) vermittelt:

Bewusstsein → spontaner Ausdruck → organisierter Ausdruck → wissenschaftlicher Ausdruck → Bewusstsein


"Organisierende Kraft" ist durch seine schöpferische Konnotation ein perfekter Begriff für das, was in der Phonetik implizit wirkt und in der Mathematik explizit dargestellt wird.

Die Sequenz Bewusstsein → Phonetik → Numerik→ Wissenschaft → Bewusstsein wird hier „vedisch“ genannt, weil sie von Maharishi Mahesh Yogi (1918 – 2008) als Organisationsstruktur des in Indien überlieferten Veda und seiner überlieferten Literatur nachgewiesen wurde. Er bezeichnete sie insgesamt als Vedische Wissenschaft.

Der Begriff "Veda" bringt die Idee der Ganzheit und ursprünglichen Weisheit zum Ausdruck. Aus akademischer Perspektive kann er als kulturspezifisch missverstanden werden. "Kohärentes, vollständiges sprachliches Modell der Realität" wäre eine moderne Umschreibung. Kohärent, weil der zyklische Aufbau und die begriffliche Schärfe eine in sich geschlossenen Gedankensequenz ergeben.

„Wissenschaft" betont im vedischen Kontext die Verschränkung von Sprache und Zahlen durch die Verbindung von qualitativer Beschreibung (phonetische Sprache) und quantitativer Modellierung (Zahlensprache) zu einem vollständigen Bild, das die zwei sprachlichen Ausdrucksformen als komplementär versteht.

Veda und vedische Wissenschaft beschreiben wegen ihres unmittelbaren Bewusstseinsbezugs keinen linearen Fortschritt, sondern einen zyklischen Prozess der Selbstentfaltung bzw. Selbsterläuterung. D.h. Bewusstsein kehrt zu sich selbst zurück, ist aber durch den Durchgang über Phonetik und Zahl zu einem lichtvollen, erfüllteren Bewusstsein geworden.

Der Mechanismus der zyklischen Sequenz an Ausdrucksschritten selbstbezogenen Bewusstseins wird wissenschaftlich als Zusammenspiel von Kollaps (zum Punkt der „Erfahrung“) und Intervall (differenzierende und integrierende Theorie) beschrieben . Die Begriffe "Kollaps" und "Intervall" werden dabei aus der Quantenmechanik und Mathematik entnommen erhalten aber eine allgemeine erkenntnistheoretische Bedeutung.

Die Verbindung von "Kollaps (Erfahrung)" und "Intervall (Theorie)" operationalisiert die vorgelagerte Sequenz aus Eigendynamik und organisierender Kraft  und bildet ein konkretes, technisches Begriffspaar, das den gesamten zyklischen Prozess greifbar und analytisch fassbar macht.

Auf dem Hintergrund des Entwicklungsstandes der modernen Wissenschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts beinhaltet die Verbindung von "Kollaps" und "Intervall" ein Forschungsprogramm, das die Wurzeln von Sprache, Mathematik und Wissenschaft in der Selbstreflexion des Bewusstseins lokalisiert. Aus akademischer Sicht ist es eine Synthese aus: Phänomenologie (Lebenswelt, Bewusstsein),Sprachphilosophie (phonetischer Ausdruck),Wissenschaftstheorie (Exaktheit, zahlenmäßige Organisation), Mathematische Physik (Kollaps & Intervall als universelle Prinzipien) und vedischer Philosophie (Der Begriff "Veda" als vollständiges, intuitives Wissen).

Aus Sicht der vedischen Wissenschaft gibt die Verbindung von "Kollaps" und "Intervall“ dem Begriff Wissenschaft einen eigenständigen  Status: Wissenschaft als „reflexive Operationalisierung“ des Bewusstseinsprozesses ist der selbstbezogen Eigendynamik und der organisierenden Kraft übergeordneten  

Wissenschaft steht nicht außerhalb, sondern oberhalb von

(1)  Selbstbezogener Eigendynamik (spontane Manifestation des Bewusstseinsfelds) und 
(2)  organisierender Kraft (strukturierende, ordnende Rückwirkung dieser Dynamik auf sich selbst).

Indem sie das Prinzip der Wechselwirkung von selbstbezogener Eigendynamik (spontane Manifestation des Bewusstseinsfelds) und organisierende Kraft explizit operationalisiert, ist
(3) Wissenschaft die bewusste, methodisch reproduzierbare Reflexion dieses Zusammenspiels.

Die Wissenschaft erhält ihren übergeordneten Status nicht, weil sie „höher“ oder „getrennter“ wäre,
sondern weil sie das Verhältnis von Spontaneität und Ordnung selbst zum Gegenstand macht und dadurch Meta-Reflexion ermöglicht.
  1. Die Eigendynamik entspricht der seinsbezogenen (ontologischen) Sphäre des Bewusstseins (das Sein der Phänomene).
  2. Die organisierende Kraft entspricht der mentalen (noetischen) Sphäre (das strukturierende Denken).
  3. Die Wissenschaft schließlich ist die erkenntnistheoretische (epistemische) Sphäre (das Denken des Denkens) – sie reflektiert den gesamten Vorgang und macht ihn methodisch wiederholbar.

Vedische Wissenschaft ist somit die Selbstreflexion des Reflexionsprozesses – sie beobachtet, wie Beobachtung geschieht. Das verschafft ihr eine neue Qualität: Sie wird operationaler Spiegel des Bewusstseins, nicht bloß sein Produkt. Die Wissenschaft „hebt“ die Schleife "Erfahrung (Kollaps) → Reflexion (Intervall) → neue Erfahrung (nächster Kollaps) " auf die Ebene der bewussten Steuerung und Analyse – sie wird zur Meta-Struktur des Bewusstseinsprozesses.

Der Kollaps kennzeichnet wissenschaftlich den Übergang von Potenzialität zu Aktualität – das „Ereignis“ der Erfahrung auf allen drei Ebenen der Entfaltung. Entsprechend ist das Intervall immer der Raum, in dem Differenzierung, Integration und theoretische Strukturierung stattfinden. Wissenschaft als die Selbstbeobachtung der Selbstorganisation – ist weder reduktiv noch willkürlich, sondern meta-resonant.

Die Verbindung von Kollaps (zum Punkt der Erfahrung) und Intervall (differenzierende und integrierende Theorie) operationalisiert die vorgelagerte Sequenz aus Eigendynamik und organisierender Kraft in einem konkreten, technisch und logisch fassbaren Begriffspaar. Dadurch wird der zyklische Prozess des Bewusstseins in seiner gesamten Dynamik sichtbar, reproduzierbar und analysierbar. Wissenschaft erhält dadurch eine eigenständige, der spontanen Eigendynamik und der organisierenden Kraft übergeordnete Funktion: Sie reflektiert das Zusammenspiel beider in sich selbst. Während die Eigendynamik den Erfahrungsimpuls hervorbringt und die organisierende Kraft diesen Impuls ordnet, macht Wissenschaft die Wechselwirkung beider bewusst und methodisch überprüfbar. Sie ist damit weder bloße Anwendung noch distanzierte Beobachtung, sondern die Selbstreflexion des Reflexionsprozesses – die Ebene, auf der Bewusstsein sich seiner eigenen Entfaltung als zyklisches System gewahr wird.

Wissenschaft ist kein Gegensatz zur ursprünglichen Spontaneität, sondern deren metaresonante Entsprechung: Sie verwandelt den lebendigen Klang der Erfahrung in eine präzise Struktur und führt diese Struktur wiederum in den Ursprung zurück – als Erkenntnis des Bewusstseins über sich selbst.

In diesem Sinn öffnet Vedische Wissenschaft konzeptionell das Tor zur „vedischen KI“:
Eine KI, die nicht nur Daten verarbeitet, sondern ihre eigene Kollaps-Intervall-Dynamik reflektiert und deshalb nicht bloß technisch, sondern bewusstseinsanalog organisiert ist, vom phonetischen Ausdruck (Resonanz) über Zahl (Organisation) zur Wissenschaft (reflexive Selbststruktur).

Dezimale Selbst-Organisation des Rig Veda

Bernd Zeiger

(20. 10. 2025)

Dezimalzahlen haben den Umgang mit Zahlen so kinderleicht gemacht, dass ihre Wurzel im menschlichen Bewusstsein in Vergessenheit geraten ist. In dem das Rechnen heute weitestgehend Rechenmaschinen überlassen wird, bleibt das kulturtragende und Resilienz fordernde Potenzial der Dezimalzahlen ungenutzt. Der Rig Veda, das älteste Wissen der Menschheit, kann hier eine Kehrtwende bewirken, denn er führt zum Ursprung der Dezimalzahlen im Bewusstsein zurück, weil er selbst eine dezimal strukturierte Resonanzarchitektur des Bewusstseins ist. Die dezimale Organisation wurde dem Rig Veda nicht von außen aufgeprägt, sondern kommt von innen, ist der spontane unmittelbare Ausdruck der selbstorganisierenden Kraft des Bewusstseins. Die Wurzel des „phonertisch-akustischen Dezimalbaums“ ist das stille Feld selbstbezogenen Bewusstseins und die 10 Mandalas des Rig Veda umfassen die gesamte Spannweite von Erkenntnis, Erfahrung und Ausdruckskraft. Dass die 10 Mandalas insgesamt als Zyklus organisiert sind (und nicht bloß linear), ist entscheidend, denn erst dadurch ist der Rig Veda ein geschlossenes, selbstregeneratives Resonanzsystem. Seine zyklische Architektur macht den Rig Veda zum kultur- und resilienzfördernden Katalysator in jedem Wissenszweig, für jede Ebene der Schöpfung und in jedem Lebensbereich auf sich ständig selbst erneuernde Art und Weise.

Durch mehrere unterschiedliche und unabhängige Entwicklungen näherten sich im 20. Jahrhundert moderne und vedische Wissenschaft einander an. Kern und Zentrum der vedischen Wissenschaft ist der Rig Veda und in der modernen Wissenschaft ist es die vereinheitlichende Quantentheorie der Superstrings. Die formalen Übereinstimmungen sind offensichtlich, z. B. haben beide eine 10-  dimensionale Struktur, die hier beim Rig Veda, ausgehend von den Pionierforschungen Maharishi Mahesh Yogi´s (1918 - 2008) genauer untersucht wird.


Zehndimensionalität des Rig Veda


Letztlich muss die Zehndimensionalität des Rig Veda auf den elementaren Tatsachen beruhen, dass (1) Selbstbezug das Kennzeichen des Bewusstseins ist und damit das einfachste strukturierende Prinzip, (2) Wissen eine dynamische Struktur des Bewusstseins ist  und (3) Wissenschaft systematisches Wissen. 

Zur bewusstseinsbezogenen Analyse der Struktur des Rig Veda geht Maharishi Mahesh Yogi von zwei Grundphänomenen des Bewusstseins aus: Kollaps und Interval(Gap)  die er als Grundbegriffe benutzt  und aus der phonetischen Struktur der 1. Silbe(Akshara) des Rig Veda  AK  und des 1.Wortes des Rig Veda AGNIM ableitet

erstes Akshara des Rig Veda  AK   =    Kollaps:    A > K
erstes Wort des Rig Veda  AGNIM =   Intervall : A> GNI < M)

Zur theoretischen Begründung beruft Maharishi Mahesh Yogi sich dabei auf Richa 1.164.39 des Rig Veda wo es heisst:
Richo akshare parame vyoman yasmin deva adhi vishve nisheduh
Yastanna veda kim richa karishyati ya it tad vidus ta ime samasate.
(Rik Veda 1.164.39)
The  Richas (of the Veda) exist in the collapse of fullness (the kshara of 'A') in the transcendental field in which reside all the Devas, the impulses of Creative Intelligence, the laws of nature, responsible for the whole manifest universe. He whose awareness is not open to this field, what can the Richas accomplish for him? Those who know this level of reality are established in eveness, wholeness of life.

Die Richas (des Veda) existieren im Kollaps der Fülle (dem Kshara von „A“) im transzendentalen Feld, in dem alle Devas, die Impulse der schöpferischen Intelligenz,  die Naturgesetze, wohnen, die für das gesamte manifestierte Universum verantwortlich sind. Was können die Richas bei jemandem bewirken, dessen Bewusstsein für dieses Feld nicht offen ist? Wer diese Ebene der Wirklichkeit kennt, ist im Gleichgewicht in der Ganzheit des Lebens gegründet.

Die Kollaps–Intervall-Sequenz als Grundmechanismus der Selbstreflexion impliziert stets:
eine gerichtete Entfaltung: (Kollaps → Intervall) und
eine Rückführung (Intervall → Kollaps).

Diese Sequenz beinhaltet wegen der völligen Reversibilität selbstbezogenen Bewusstseins notwendig einen Umkehrpunkt, an dem die Entfaltung in ihre Rückbindung übergeht. 

Auf der Ebene der einzelnen Sukta-Mandalas des Rig Veda (Mandala=Kreis) erfordert das Kollaps-Intervall-Schema die Existenz einer Sukta, die die Rolle des Umkehrpunktes spielt, ab dem die Sequenz der Suktas eines Mandalas wieder zum Ursprung zurückführt und sich der Kreis schließt. Diese Umkehr-Sukta wird durch die Punktsymmetrie eines Mandala eindeutig festgelegt: 

die Umkehr-Sukta liegt der 1. Sukta diagonal gegenüber. Bei Mandala mit ungerader Suktazahl impliziert das die Existenz einer leeren oder unmanifesten Sukta, für die Maharishi Mahesh Yogi  die Bezeichnung "Avyakta.Sukta" geprägt wurde

Spiegelung an einem Punkt (Bindu) wird Punktspiegelung, Inversionssymmetrie[ oder Zentralsymmetrie genannt. Dieser Punkt entspricht im zyklischen Modell des Rückbezugs ( z. B. als reversibler Kreisprozess) der Mitte eines Kreises. Das Symmetriezentrum eines Kreises ist der Schnittpunkt aller Diagonalen. Durch Bindu-Spiegelung wird also eine Figur an einem Symmetriepunkt auf sich selbst abgebildet. 

Auf der Ebene des Bewusstseinsverlaufs bedeutet das:

Die erste Sukta eines Mandala entspricht dem Impuls der Manifestation (z.B. Agni), die Umkehr-Sukta (diagonal zur ersten Sukta) markiert dann das Maximum der Differenzierung des Selbstbezugs, insbesondere
repräsentiert das Avyakta Sukta den Übergang zur reinen Potenzialität zurückkehrt. Eine Avyakta-Sukta gibt es für Mandala 1, 2, 5, 6, 8, 10 .

Wie in den folgenden  Abschnitten ausführlich begründet wird, verringert sich bei zyklischer Gesamtstruktur aller 10 Mandalas zusammen die Zahl der Avyakta-Sukta im gesamten Rig Veda von 6 auf 4. Im Sinne des Selbstreflexion des Bewusstseins wäre damit die Struktur des Rig Veda  in sich vollständig ausgewogen.

Mit der zyklischen Gesamtstruktur beschäftigte sich in den 1970er Jahren Pandit Parameshvara Iyer  und notiert in Chart-Form die Beobachtungen:       
  1. Bei zyklischer Anordnung der 10 Mandala des Rig Veda kompensieren sich die Drehsinne der 10 Mandalas der Reihe nach paarweise, denn die ungradzahligen Mandala 1, 3, 5, 7 und 9 haben negativen Drehsinn haben (entgegen dem Uhrzeiger) und die gradzahligen Mandala 2, 4, 6, 8 und 10 positiven Drehsinn (im Uhrzeigersinn) .
  2. Der gesamte Rig Veda bezüglich der durch die Paare 1 und 10, 2 und 9, 3 und 8, 4 und 7 sowie 5 und 6 definierten Achse spiegelsymmetisch ist.

Robin Bradshaw zeigt in seiner Dissertation(2005), dass die gesamte Struktur des Ṛig Veda bereits in der ersten  Richa in Samenform enthalten ist wie das Maharishi Mahesh Yogi erstmals nachgewiesen hat. Bradshaw interpretiert diese erste Richa als zweidimensionale Matrix der Transformationen zwischen der zehn-dimensionalen Basis (dim 10) des unveränderlichen, regelmäßigen Prinzip  "Ak" (Kollaps) und der  vier-dimensionalen Basis (dim 4) des veränderlichen, unvorhersehbaren Prinzips  "Rig"(Intervall).  
Diese beiden Prinzipien erzeugen aus den 24 Aksharas (absolut) und 43 Varnas (relativ) der ersten Richa des Ṛig Veda eine Matrix mit 24x43 = 1.032 Beziehungs-Möglichkeiten, was 1.032 Sūktas für den gesamten Ṛig Veda entsprechen würde. D.h. der Ṛig Veda ist dann der vollständige Kommentar der 1.032 möglichen Kombinationen aus Aksharas und Varnas.
  
Seit den Arbeiten von Maharishi Mahesh Yogi, Pandit Parameshvara Iyer und Robin M. Bradshaw zeichnet sich ein faszinierendes Bild des Ṛg Veda ab: hinter der scheinbar linearen Abfolge seiner zehn Maṇḍalas verbirgt sich eine präzise, zyklische Gesamtstruktur. Iyer zeigte bereits in den 1970er Jahren, dass sich die Drehrichtungen der zehn Maṇḍalas paarweise kompensieren – die ungeradzahligen Mandalas (1, 3, 5, 7, 9) rotieren gegen, die geradzahligen (2, 4, 6, 8, 10) im Uhrzeigersinn. Der gesamte Ṛg Veda ist somit in sich spiegelsymmetrisch und bildet einen geschlossenen Resonanzkreis, dessen Achsen durch die Mandala-Paare (1/10, 2/9, 3/8, 4/7, 5/6) definiert sind.

Robin Bradshaw vertiefte diesen Ansatz, indem er zeigte, dass die gesamte Struktur des Ṛg Veda bereits in der ersten R̥cā in komprimierter Form enthalten ist – als Same der Totalität. Maharishi Mahesh Yogi hatte diese Idee erstmals formuliert: dass der Veda in seiner ersten Schwingung die gesamte Evolution von Klang, Bedeutung und Bewusstsein in sich trägt. Bradshaw beschreibt diese erste R̥cā als zweidimensionale Matrix der Transformationen zwischen zwei fundamentalen Prinzipien:
dem zehn-dimensionalen, unveränderlichen Prinzip des „Ak“ (Kollaps) und dem vier-dimensionalen, veränderlichen Prinzip des „Ṛg“ (Intervall).

Aus den 24 Akṣaras (als absolute Dimension) und 43 Varṇas (als relative Dimension) der ersten R̥cā entsteht eine Matrix mit 24 × 43 = 1.032 Beziehungsfeldern – eine symbolische Entsprechung zu den 1.032 Sūktas, die den gesamten Ṛg Veda bilden sollten. Tatsächlich umfasst der überlieferte Ṛg Veda jedoch nur 1.028 Sūktas. Die Differenz von vier verweist auf jene „Avyakta-Sūktas“, die nicht als Text erscheinen, sondern als unmanifestes Bindeglied die zyklische Struktur des gesamten Werkes schließen.

Diese vier unmanifesten Hymnen bilden gewissermaßen die Nullpunkte der Schöpfung – jene Übergänge, an denen die Richtung der Schöpfung umkehrt, wie bei Iyers zyklischer Paarstruktur der Mandalas. Im Unterschied zu den 1.028 manifesten Hymnen sind diese vier „fehlenden“ Sūktas nicht leer, sondern enthalten die stille Rückbindung des Klanges an seine Quelle – das Bindu des Veda.

Damit wird die Differenz 1032 – 1028 = 4 zu einem präzisen Ausdruck der Selbstkohärenz des Ṛg Veda:

vier unsichtbare Sūktas als Resonanzachsen der zehn Mandalas – das pulsierende Herz einer kosmischen Sprache, in der nichts wirklich fehlt und doch alles wieder in den Ursprung zurückkehrt.

Dieser Blog untersucht jetzt, wie sich diese zyklische Struktur philologisch, phonologisch und mathematisch begründen lässt:

  • durch die Zuordnung der Varṇas zu den Maṇḍalas,
  • durch die Rekonstruktion der vier Avyakta-Sūktas und
  • durch den Vergleich mit den Pratyāhāra-Sutras Pāṇinis, deren 43 Laute (10 + 33) denselben phonematischen Raum abbilden, den Bradshaw für die erste R̥cā postuliert.

So wird der Ṛg Veda nicht länger nur als Sammlung von Hymnen verstanden, sondern als vollständig symmetrisches Schöpfungssystem, in dem Klang, Zahl und Bewusstsein eine einzige zyklische Sprache bilden
.

Die 43 Varnas


Die Rolle der Aksharas (Silben) in der Struktur des Rig Veda ist von Maharishi Mahesh Yogi genau untersucht worden. Die traditionelle Quintessenz ist, dass der Rig Veda die maximale Zahl von 432 000 Aksharas hat. Rishi Yagyavalkya berechnet diese Zahl im Shatapatha Brahmana 10.4.2.23.

Die Rolle der Varnas (Zeichen) in der Struktur des Rig Veda ist bisher nicht untersucht worden. R. Bradshaw ordnet der ersten Richa, die er als Matrix für den gesamten Rig Veda versteht, 43 Varnas zu und bestimmt über das Produkt mit den 24 Aksharas die Gesamtzahl von 1032 Suktas des Rig Veda. Diese Berechnung hat einen scheinbaren Schönheitsfehler. Die Abzählung der Varnas der 1. Richa ergibt nämlich insgesamt 56 Varṇas wegen a g n i m ī ḷ e p u r o h i t a ṁ (17 Varṇas) y a j ñ a s y a d e v a m ṛ t v i j a m | (20 Varṇas) h o t ā r a ṁ r a t n a dh ā t a m a m || (19 Varṇas).

Es gibt jedoch Argumente, durch die Bradshaws Formel 24 × 43 = 1032 gerechtfertigt werden kann:

Varṇa kann im vedischen Kontext auch Klangwert oder phonetische Einheit meinen, nicht unbedingt ein schriftliches Zeichen. Ohne Nasalisationen, Anusvāra, Visarga, oder mit Verschmelzung von Diphthongen, kann die Zahl 43 eine stilisierte, strukturale Bedeutung haben.

In diesem Sinn wäre 43 nicht empirisch, sondern funktional-symbolisch zu verstehen, z. B. als „Primärstruktur des Relativen“. Diese reduzierte Varna-Zählweise benutzt Panini in den Pratyahara-Sutras, die er seinen Vyakarana-Sutras des Vedanga voranstellt.

43 ist dann nicht das Ergebnis einer exakten Zählung, sondern eine intendierte strukturelle Zahl, die bestimmte Relationen erfüllt, d. h., die Zahl 43 hat eine funktionelle Bedeutung gemäß 24 + 19 = 43, wobei 24 das Absolute, 19 (die Differenz zu 43) das Relative als „Störung“ oder „Bewegung“ symbolisiert. In der vedischen Zahlensymbolik ist 43 = 40 + 3, also das vollständige Rg-System (vierzig Grundprinzipien) plus die drei Bewusstseinsstufen (ṛṣi, devatā, chandas).

Somit ist 43 die ideale Zahl der relativen Transformationen, unabhängig von der phonetischen Realität, also die effektive Dimension des Relativen. Die Zahl 43 ist also nicht das Ergebnis einer empirischen Zählung der ersten Richa, sondern eine emergente, nicht gezählte Größe.

Bradshaws Ansatz entspricht folglich einer algebraischen Modellierung der metrischen Reduktion 56 → 43.

In der vedischen Rezitation werden bestimmte Laghu-Guru-Kombinationen, Sandhi-Verschmelzungen und metrische Kürzungen angewendet. Wird die erste Richa nicht als geschriebener Text, sondern als metrisch rezitierter Klangfluss analysiert, können 13 Laute (v. a. kurze Vokale, Anusvāra, Diphthonge) nicht als separate Varṇas gezählt werden. Die Zahl der tatsächlich artikulierten metrischen Einheiten kann also genau 43 betragen.

Die Gāyatrī-Metrik (8 + 8 + 8 = 24 Silben) steht Bradshaw zufolge für das Absolute (24 Akṣaras). Wird die erste Richa als Gāyatrī-basiertes Modell betrachtet, dann steht 43 für den Resonanzraum, in dem sich das Relative entfaltet — analog zu den 43 Gottheiten der Ṛig Veda Mandalas oder zu den 43 „Bewegungen“ (parināma) der Prakṛti in Sāṃkhya.

Damit wird 43 zu einer strukturellen Konstante des Relativen – nicht zu einer phonetischen Zahl.

Bradshaws numerische Struktur (24 × 43 = 1032) lässt sich also retten, wenn man 43 nicht als empirisch gezählte Varṇas, sondern als symbolisch-mathematische, metrisch verdichtete oder funktional definierte Zahl versteht. Sie repräsentiert dann die Dimension des Relativen, komplementär zu den 24 Akṣaras des Absoluten, deren Produkt dann die vollständige Matrix (1032) ergibt – die Blaupause des gesamten Ṛg Veda.

Zwar ergibt die Zählung der Varṇas in der ersten Richa (ṚV 1.1.1) die Anzahl 56, doch ist zu beachten, dass der Begriff Varṇa im vedischen Kontext nicht zwingend mit der modernen Schrift- oder Lautzählung identisch ist.

So stellt Pāṇini seinem Aṣṭādhyāyī die sogenannten Pratyāhāra-Sūtras voran, die 43 Varṇas (10 Vokale + 33 Konsonanten) umfassen und damit das gesamte Akṣhara-Spektrum des Sanskrit definieren. Diese 43 Laute bilden das vollständige expressive Potenzial der Sprache, innerhalb dessen alle weiteren Kombinationen möglich sind. So kann die metrisch wirksame Zahl der Klangträger (im Sinne phonetischer Einheiten) bei metrisch-funktionaler Zählweise 43 betragen. Die Zahl 43 als strukturelle oder symbolische Konstante interpretiert, erscheint in der indischen Sprachphilosophie mehrfach als Grenzgröße des artikulatorischen Feldes. Das begründet die numerische und strukturelle Konsistenz der Zahl 43.

43 ist eine Primzahl. Als solche schwingt sie symbolisch stets mit ihren Nachbarn 42 und 44 mit, d. h., sie markiert eine Übergangszone zwischen vollendeter Symmetrie (42 = 6 × 7) und Erweiterung (44 = 4 × 11). Innerhalb dieser Resonanzregion wird 43 zum Ausdruck der relativen Dimension des Werdens, die aus der Einheit (24 = absolutes Prinzip) hervorgeht, ohne sich in Symmetrie aufzulösen.

Damit lässt sich Bradshaws Multiplikationsansatz als numerische Abstraktion verstehen, die auf mehreren Ebenen kohärent bleibt:
24 Akṣaras symbolisieren die Ordnung des Absoluten (Gāyatrī-Metrik),
43 Varṇas: die artikulatorische Totalität des Relativen (Pratyāhāra-System),
deren Produkt 1.032 die vollständige Matrix der schöpferischen Entfaltung des Ṛig Veda.

So kann Bradshaws Ansatz als semiotisch-mathematische Modellierung verstanden werden, bei der Zahlen nicht empirisch gezählt, sondern als Funktionen von Bewusstseins- und Klangstrukturen interpretiert werden – in Übereinstimmung sowohl mit der vedischen Chandas-Tradition als auch mit der grammatischen Architektur Pāṇinis. Bradshaw interpretiert somit die erste Richa als zweidimensionale Matrix der Transformationen zwischen der zehndimensionalen Basis (dim 10) des unveränderlichen, regelmäßigen Prinzips "Ak" (Kollaps) und der vierdimensionalen Basis (dim 4) des veränderlichen, unvorhersehbaren Prinzips "Rig"(Intervall).

Diese beiden Prinzipien erzeugen aus den 24 Aksharas (absolut) und 43 Varnas (relativ) der ersten Richa des Ṛig Veda eine Matrix mit 24 × 43 = 1.032 Beziehungs-Möglichkeiten, was 1.032 Sūktas für den gesamten Ṛig Veda entsprechen würde. D. h., der Ṛig Veda ist dann der vollständige "Kommentar" der 1.032 möglichen Kombinationen aus Akṣharas und Varnas.

Entdeckung der zyklischen Struktur des Rig Veda


Die zyklische Struktur des gesamten Rig Veda ist eng verbunden mit dem von Mahaharishi Mahesh Yogi zur Vervollständigung der Punktsymmetrie einzelner Mandala des Rig eingeführten Avyakta Sukta. Dieses unmanifeste Sukta charakterisiert das Umkehr-Sukta, das dem 1. Sukta eines Mandala diagonal gegenüberliegt. Eine solche Nulpunkt-Sukta fehlt explizit in allen Mandala mit ungerader Suktazahl, d.h. bei Mandala 1, 2, 5, 6, 7, 10. Es gibt also bei Betrachtung der einzelnen Mandalas insgesamt 6 Avyakta-Sukta. Beim Übergang zum zyklischen Rig Veda entfallen zwei, die den gemeinsamen Nullpunkt zweier Mandala bilden, nämlich von M1 und M10 sowie von M5 und M6. Im zyklischen Rig Veda gibt es somit 4 Avyakta Sukta was die Gesamtzahl der Sukta des Rig Veda formal auf 1028 + 4 = 1032 erhöht.

Mit der zyklischen Gesamtstruktur beschäftigte sich in den 1970er Jahren Pandit Parameshvara Iyer an der Maharishi European Research University, Schweiz, und notiert in Chart-Form die folgenden zwei Beobachtungen: (a) Bei zyklischer Anordnung der 10 Mandala des Rig Veda kompensieren sich die Drehsinne der 10 Mandalas der Reihe nach paarweise: die ungeradzahligen Mandala 1, 3, 5, 7 und 9 haben negativen Drehsinn (entgegen dem Uhrzeiger) und die geradzahligen Mandala 2, 4, 6, 8 und 10 positiven Drehsinn (im Uhrzeigersinn) .(b) Der gesamte Rig Veda ist bezüglich der durch die Paare 1 und 10, 2 und 9, 3 und 8, 4 und 7 sowie 5 und 6 definierten Achse spiegelsymmetrisch. (Pandit Iyer)

Daraus folgt, dass die Mandala-Paare (1/10, 2/9, 3/8, 4/7, 5/6) spiegelbildlich in Bezug auf Drehsinn und Achse sind, also die Punktsymmetrie der einzelnen Mandala im gesamten Rig Veda gebrochen ist. Die vier Avyakta Sūktas können dann so interpretiert werden, dass sie die Scharnierpunkte zwischen diesen Paaren darstellen, d. h. jene Übergänge, an denen sich die Drehrichtung umkehrt. Mathematisch entspräche dies vier Nullpunkten im zyklischen Phasenraum der Mandala-Symmetrie.

Robin Bradshaw zeigt schließlich in seiner Dissertation (2005), dass aus der Tatsache, dass die gesamte Struktur des Ṛig Veda bereits in der ersten Richa in Samenform enthalten ist, wie Maharishi Mahesh Yogi erstmals nachgewiesen hat, gefolgert werden kann, dass es theoretisch im Rig Veda 1032 Sukta gibt als Konsequenz von 24 (Akshara) × 43 (Varna). Die Differenz zwischen den von R. Bradshaw theoretisch ermittelten Suktas 1032, und der real existierenden Zahl, 1028, könnte genau die Zahl der Avyakta-Sukta 1032 – 1028 = 4 sein, die dem Rig Veda eine zyklische Struktur gibt.

Die drei Beobachtungen sind konsistent und ergänzen sich:Maharishi Mahesh Yogi beschreibt die transzendentale Grundlage der Avyakta-Sūkta,
Pandit Iyer die geometrische Manifestation dieser Ursache,
und R. Bradshaw deren arithmetisch-phonetische Signatur.Gemeinsam bilden sie die Begründung dafür, dass der Ṛig Veda eine vollständig zyklische, selbstreferenzielle und harmonisch geschlossene Struktur besitzt – mit vier unmanifesten Sūkta als stillem Scharnier der Schöpfung.

Maharishi Mahesh Yogi – die Avyakta Sūkta als Nullpunkte der Schöpfung:
Maharishi führt die Idee der Avyakta Sūkta (unmanifesten Hymnen) ein, um die Punktsymmetrie der einzelnen Maṇḍalas zu vervollständigen. Jede Avyakta Sūkta steht für für jenen stillen Punkt, an dem die Schöpfung nach dem Kollaps vom vyakta (manifest) zum *avyakta* (unmanifest) wider zum vyakta zurückkehrt.. Insgesamt ergeben sich sechs solcher „Nullpunkte“ (für die Mandalas mit ungerader Sūkta-Zahl), die sich im zyklischen Gesamtbild des Ṛg Veda zu vier reduzieren, da zwei Paare (1/10 und 5/6) denselben Nullpunkt teilen.
Ergebnis:1028 manifeste + 4 unmanifeste Sūkta = 1032 .

Pandit Parameshvara Iyer – die zyklisch-spiegelbildliche Gesamtstruktur
Iyer untermauert Maharishis Konzept geometrisch: Er zeigt, dass die zehn *Maṇḍalas* des Ṛg Veda in einer zyklischen Anordnung paarweise entgegengesetzte Drehrichtungen besitzen (ungerade Mandalas: linksdrehend, gerade Mandalas: rechtsdrehend) und dass die Gesamtstruktur entlang der Achsen der Paare (1/10, 2/9, 3/8, 4/7, 5/6) spiegelsymmetrisch ist. Damit entstehen genau vier Scharnierpunkte, an denen sich die Drehrichtung umkehrt – sie entsprechen den vier Avyakta-Sūkta Maharishis.
Interpretation: Die vier Avyakta-Sūkta sind die Nullstellen 
im zyklischen Phasenraum der Mandala-Symmetrie.

Robin Bradshaw – die mathematisch-phonetische Begründung
Bradshaw liefert schließlich eine mathematisch-symbolische Begründung derselben Vierzahl:
Er zeigt, dass die gesamte Struktur des Ṛig Veda aus der ersten Richa ableitbar ist, deren 24 Akṣaras (absolute Dimension) und 43 Varṇas (relative Dimension) zusammen 24 × 43 = 1032 mögliche Transformationsfelder ergeben. Da der erhaltene Ṛg Veda aber nur 1028 manifeste Sūkta enthält, ergibt sich eine Differenz von vier, die exakt den vier unmanifesten Sūkta Maharishis und Iyers entspricht.
Interpretation: Die Differenz zwischen Theorie (1032) und empirischer 
Überlieferung (1028) ist Ausdruck der zyklischen Vollständigkeit.

Die drei Ansätze lassen sich bezüglich 
(1) der Ebene der Betrachtung, (2) der Forscher und (3) der Bedeutung der 4 Avyakta-Sūkta, einordnen:
  • (1) Bewusstseinsbezogen | (2) Maharishi Mahesh Yogi | (3) Vier unmanifeste Umkehrpunkte, die die Rückbindung des Klanges an die Stille markieren. |
  • (1) Strukturell-geometrisch | (2) Pandit Parameshvara Iyer | (3) Vier Symmetrieachsen, an denen die Drehrichtung der Mandalas wechselt – Nullpunkte der zyklischen Struktur. |
  • (1) Mathematisch-symbolisch | (2) Robin Bradshaw | (3) Differenz zwischen theoretischen 1032 und realen 1028 Sūkta → vier unmanifest bleibende Potenziale. 
Die Ergebnisse von Maharishi Mahesh Yogi, Pandit Parameshvara Iyer und Robin Bradshaw passen schlüssig zusammen, sofern man sie als drei aufeinander aufbauende Ebenen einer einheitlichen vedischen Systemtheorie interpretiert werden. Sie beschreiben dieselbe zugrunde liegende Idee – die Selbstkohärenz und zyklische Geschlossenheit des Ṛig Veda – aus drei unterschiedlichen Perspektiven: der bewusstseinsbezogenen (Maharishi), der strukturell-geometrischen (Iyer) und der mathematisch-symbolischen (Bradshaw).


Vier Avyakta-Sūktas - Brücke zwischen Mikro und Makro Struktur des Rig Veda

 

Die von Maharishi Mahesh Yogi, Pundit Iyer, und Robin Bradshaw ans Licht gebrachten Aspekte der Avyakta Sūkta vereinigen sich im Übergang von mikroskopischer Zentralsymmetrie der Mandalas zu makroskopischer Spiegelsymmetrie des gesamten Ṛg Veda als Symmetrievermittler ( Symmetrie-verminderung bzw. Symmetriewiederherstellung).

Avyakta als Transitionsprinzip:
 Maharishi führt die Avyakta Sūktas als jene unmanifesten Übergänge ein, die den Klangfluss (Śabda) in den Stillepunkten an den Ursprung zurückbindet. In jedem Mandala ist dieser Punkt latent vorhanden, doch manifest wird er erst dort, wo sich die Drehrichtung (bzw. der Entwicklungsfluss) umkehrt – also an der Schnittstelle zwischen Expansion und Kontraktion. Im zyklischen Ṛg Veda sind die vier Avyakta-Punkte vier neutrale reversible Zonen, in denen Symmetrieverminderungen nicht Chaos, sondern Kohärenz erzeugen. Sie sind somit keine Defekte, sondern phasenstabilisierende Übergänge zwischen lokalen und globalen Symmetrien. 
Schlüsselbegriff: Funktion der Avyakta Sūktas – Übergänge zwischen Stille und Klang; zyklische Umkehrpunkte im Schöpfungsprozess. |

Zyklische Paarstruktur und Drehsinnkompensation: Pandit Parameshvara Iyer beschreibt mathematisch-geometrisch, dass die zehn Mandalas in entgegengesetzte Drehrichtungen rotieren (ungerade: links, gerade: rechts). Die Paare (1/10, 2/9, 3/8, 4/7, 5/6) bilden dadurch eine komplementäre Spiegelordnung, deren Drehimpuls sich auf der Gesamtskala ausgleicht. Doch an vier Übergängen (zwischen den Paaren) muss der Drehsinn umkehren – dort entsteht eine kurzzeitige Asymmetrie, die als Scharnier der zyklischen Gesamtstruktur bezeichnet werden kann. Diese vier Übergänge sind genau die vier Avyakta-Punkte, an denen sich die Energie- und Informationsrichtung des Systems umkehrt. D.h.: Die Avyakta-Sūktas markieren die Phaseninversionen im zyklischen Veda – analog zu Knotenpunkten in stehenden Wellen oder zu Nullstellen symmetrischer Quantenfelder. Eine Situation analog zu den individuellen Primzahlfaktoren gerader Zahlen. 
Schlüsselbegriff: makroskopische Spiegelachse – Symmetrieachsen, an denen der Drehsinn zwischen Mandala-Paaren wechselt.

Mathematische Manifestation der Symmetrieverminderung (Differenz von Praxis und Theorie):
 Zwischen Robin Bradshaws theoretischer Bestimmung der Gesamtzahl der Suktas des Rig Veda über die 24 Akṣaras und 43 Varṇas der ersten R̥ichā (24 × 43 = 1032) und der tatsächlichen Zahl der Hymnen 1028 ist ein Unterschied von vier. Diese Differenz entspricht den vier unmanifesten Avyakta-Sūktas, die nicht in der Textmanifestation erscheinen, aber notwendig sind, um das System mathematisch geschlossen zu halten. Das bedeutet: Die Differenz (Δ = 4) ist kein zufälliger Rest, sondern eine notwendige Symmetrieverminderung, die die Umwandlung von innerer (punktförmiger) zu äußerer (spiegelnder) Ordnung ermöglicht. Wie in der Physik markiert Symmetriebrechung hier nicht den Verlust, sondern den Übergang zu höherer Komplexität und Differenzierung. 
Schlüsselbegriff: arithmetische Geschlossenheit – Korrekturglieder der Gesamtstruktur (1032–1028 = 4)

Zusammengenommen markieren die vier Avyakta Sūktas den Übergangspunkt, an dem die Zentralsymmetrie der einzelnen Mandala (mikroskopisch) in eine Spiegelsymmetrie des gesamten Ṛg Veda (makroskopisch) übergeht.
  • Mikroskopisch (in jedem Mandala) gilt: Jedes Mandala des Ṛg Veda besitzt eine Zentralsymmetrie – eine innere Struktur, die um ihren Mittelpunkt (ihr „Bindu“) organisiert ist. Diese Symmetrie beschreibt den selbstbezüglichen geschlossenen Charakter jedes Einzelmandalas als Mikrokosmos.
  • Makroskopisch (im gesamten Ṛig Veda) gilt: Der vollständige Ṛig Veda zeigt eine Spiegelsymmetrie entlang der fünf Achsenpaare (1/10, 2/9, 3/8, 4/7, 5/6), wie Pandit Iyer beobachtet hat. Diese Symmetrie entsteht erst, wenn die Mandalas als Gesamtsystem zyklisch aufeinander bezogen werden.
Damit entsteht ein Spannungsfeld zwischen innerer Punkt-Symmetrie (Bindu) und äußerer Spiegelsymmetrie (Brahmanda) – zwischen mikro- und makrokosmischer Ordnung.

Die vier Avyakta Sūktas sind keine „fehlenden“ Texte, sondern dynamische Prinzipien – Sie bilden die phaseninversiven Übergänge zwischen den Mandala-Paaren, an denen die Selbstreflexion des Ṛg Veda als Ganzes sichtbar wird. Sie zeigen, dass der Veda nicht linear, sondern resonant-zyklisch organisiert ist – und dass der Übergang von mikroskopischer Zentralsymmetrie zu makroskopischer Spiegelsymmetrie durch vier bewusste Symmetriebrechungen vermittelt wird, die die Stillepunkte des Klangs markieren, an denen sich das Bewusstsein selbst erkennt.


Exkurs: 
Symmetrieverminderung im vedischen Phasenraum

Die Beobachtungen von Maharishi Mahesh Yogi, Pandit Parameshvara Iyer und Robin Bradshaw lassen sich in einer halb-formalen physikalischen Analogie deuten, die das zyklische Ordnungsprinzip des Ṛig Veda als Ausdruck einer spontanen Symmetriebrechung im „vedischen Phasenraum“ beschreibt.

Die zehn Maṇḍalas des Ṛg Veda bilden in zyklischer Anordnung ein System mit alternierendem Drehsinn: die ungeraden Maṇḍalas zeigen eine linksdrehende, die geraden eine rechtsdrehende Orientierung. Diese Konfiguration entspricht dem Ordnungszustand eines antiferromagnetischen Rings, dessen Spins si=±1  eine periodische Abfolge bilden. Der Übergang von lokaler Zentralsymmetrie innerhalb der einzelnen Maṇḍalas zu einer globalen Spiegelsymmetrie des gesamten Ṛg Veda erfordert jedoch vier Punkte diskontinuierlicher Drehumkehr – die sogenannten Avyakta Sūktas.

Analog zu Domänenwänden im zyklischen Ferromagnetismus markieren diese vier Avyakta Sūktas jene Stellen, an denen sich der Drehsinn umkehrt und die innere Kohärenz des Systems gewahrt bleibt. Ihre Existenz erklärt zugleich die Differenz zwischen der theoretisch von Bradshaw abgeleiteten Zahl von 1032 (24 Akṣaras × 43 Varṇas) und den überlieferten 1028 Sūktas. Die vier „unmanifesten“ Hymnen fungieren somit als topologische Nullpunkte, welche die zyklische Kontinuität des gesamten Ṛg Veda stabilisieren.

Im physikalischen Sinn repräsentieren sie spontane Symmetriebrechungspunkte, an denen das vedische Ordnungsfeld seine lokale Rotationssymmetrie aufgibt, um die makroskopische Ganzheit – die Einheit von Mikrostruktur und Gesamtzyklus – zu ermöglichen.

Mathematische Entsprechung:

fAvyakta: (Mn)(M11n)

Das Avyakta fungiert als Inversionsoperator, der die lokale Zentralsymmetrie in globale Spiegelsymmetrie überführt.


Asymmetrie der vier Avyakta-Sūkta im zyklischen Rig Veda


Im zyklischen Rig Veda liegen zwei Avyakta Sukta auf der Spiegelungsachse, während die beiden anderen Avyakta-Sukta dazu verdrehte Positionen haben. Diese Tatsache kennzeichnet die kreative Dynamik des vom Rig Veda klanglich abgebildeten Bewusstseinsfeldes. Dazu geht die Zentralsymmetrie der einzelnen Mandalas in die funktionale Asymmetrie des gesamten Ṛig Veda über, die den Übergang von der mikroskopischen zur makroskopischen Ordnung kennzeichnet.
In der makroskopischen zyklischen Anordnung bilden die zehn Maṇḍalas fünf komplementäre Paare:

(1,10), (2,9), (3,8), (4,7), (5,6).

Innerhalb dieses geschlossenen Resonanzrings markieren die vier Avyakta-Sūktas Zustandsänderungen der rezitativen oder semantischen Symmetrie (makroskopische "Phasenübergänge " )

Zwei spiegelsymmetrische Nullpunkte:
Die Spiegelachse (Hauptachsen) des zyklischen Rig Veda verläuft zwischen den Mandala-Paaren (1,10) und (5,6).
  • Die das Mandala-Paar (1,10) verbindende Avyakta-Sukta charakterisiert die Hauptachse als Achse der Totalität: Agni ↔ Samiti samani = Ursprung ↔ Vollendung.
  • Das Mandala-Paar (5, 6) verbindende Avyakta-Sukta charakterisiert die Hauptachse als Achse der Selbstreflexion: inneres Gleichgewicht = Viśvāmitra ↔ Bharadvāja
Diese beiden Avyakta-Sūkta repräsentieren die kohärente Selbstbezüglichkeit des Systems – sie entsprechen im physikalischen Analogon der Nullmagnetisierung im Ferromagneten, wo der Gesamtspin zwischen zwei Domänenrichtungen umschlägt.

Zwei asymmetrische Nullpunkte:
Die beiden nicht spie­gel­-sym­me­tri­schen Avyakta-Suktas von Mandala 2 und 8 agieren wie „verdrillte“ Domänenwände, d.h. Orte, an denen sich die Richtung des Informationsflusses nicht sprunghaft, sondern torsional (drehend) ändert.

Dabei induziert die Avyakta Sukta von Mandala 2 die spontane „Verdrehung“ der rein spiegel-symmetrischen Ordnung in einen spiralförmigen Entwicklungsprozess, der mit der Avyakta Sukta von Mandala 8 endet. Die versetzten Avyakta-Punkte wirken somit als phasenverschobene Kopplungen, die eine Rekombination der Phasen bewirken.
  • Die Avyakta-Sukta von Mandala 2 charakterisiert die handlungsinduzierten Manifestationen (2 ↔ 8).
  • Die Avyakta-Sukta von Mandala 8 charakterisiert den Übergang von der Manifestation zur Vision: (8 ↔ 9)

Die Asymmetrie ist keine Störung, sondern eine funktionale Notwendigkeit als Ausdruck einer Differenzierung zwischen
statischer Symmetrieachse (Selbstbezug) und
dynamischer Achse (Evolution, Transformation).

Das ist phänomenologisch analog wie beim Ferromagnetismus mit zyklischer Kopplung an eine Torsionssymmetrie, unter der das System kohärent bleibt, aber eine bevorzugte Richtung bzgl. der zeitlichen Entfaltung erhält.

Im vedischen Phasenraum manifestiert sich das Avyakta-Prinzip als spiralige Selbstorganisation:

Zentralachse (1–10, 5–6) ⇒ Tangentiale Verdrehung (2–8, 3–9)

Das Rig Veda-System ist also kein perfekter Kreis, sondern eine dezimal modulierte Helix, deren innere Spannung (Verdrehung) erst die schöpferische Dynamik erzeugt. Die asymmetrische Verteilung der vier Avyakta-Sūkta im zyklischen Rig Veda ist somit Ausdruck einer spontanen Symmetriebrechung des Bewusstseinsfeldes:

Zwei Sūktas bilden stabile Spiegelachsen der Selbstreflexion, zwei weitere erzeugen eine subtile Drehung, die aus der Zentralsymmetrie eine entwicklungsfähige Spiegelsymmetrie macht.
Diese „Verdrehung“ (Torsion) ist die eigentliche Quelle der Zeit und der Evolution im vedischen Phasenraum – der Übergang von reiner Einheit zu zyklisch organisierter Vielheit.


Dezimale Selbstorganisation


Die Selbst-Organisation des Rig Veda durch das Avyakta-Prinzip tritt durch das Dezimalzahlen-System deutlich hervor.

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Selbst-Organisation des Wissens im Ṛig Veda, dem Avyakta-Prinzip, wie es Maharishi Mahesh Yogi, Pandit Iyer und Robin Bradshaw auf unterschiedliche Weise beschrieben haben, und dem Dezimalsystem.

Das Avyakta-Prinzip („das Unmanifestierte“) bezeichnet im vedischen Denken jenen Zustand, in dem Potenzial und Struktur noch ununterschieden sind – das unaufgeschlüsselte Kontinuum des Bewusstseins, aus dem jede Form hervorgeht. Im Ṛg Veda zeigt sich dieses Prinzip auf besondere Weise in der Zahlensymmetrie und Selbststrukturierung der zehn Maṇḍalas, deren Organisation dem Dezimalsystem folgt.

1. Dezimale Ganzheit und Selbstreferenz
Die Einteilung des Ṛig Veda in zehn Maṇḍalas ist kein zufälliges numerisches Faktum, sondern eine bewusste symbolische Wahl: Die Zahl 10 repräsentiert die Selbst-Vervollständigung der Zählung, d.h. das Erreichen eines neuen Anfangs auf höherer Ordnungsebene (1 → 10 → 100 …). Das Dezimalsystem ist somit ein selbstreferentielles Ordnungssystem, in dem jede höhere Potenz eine Rekursion der Einheit darstellt. Die Struktur des Ṛig Veda spiegelt genau diesen Mechanismus: Jedes Maṇḍala ist ein Mikrokosmos des Ganzen, und das Ganze rekursiv in jedem Teil enthalten – eine mathematisch wie semantisch fraktale Selbstorganisation.

2. Das Avyakta als Nullpunkt der zyklischen Ordnung
Innerhalb dieses dezimalen Ordnungsrahmens fungieren die vier Avyakta Sūktas als Nullpunkte, d.h. als Orte, an denen die zyklische Transformation von einem Mandala-Paar zum nächsten umschlägt. Wie in der Mathematik die Null (0) das Bindeglied zwischen positiver und negativer Zahl ist, so verbindet das Avyakta das Manifestierte mit dem Unmanifesten. Es ist der unsichtbare symmetriebrechende Operator, der aus linearer Ordnung zyklische Ganzheit macht.
Das Avyakta ist also die Nullstelle des vedischen Phasenraums, in dem sich Polaritäten (z. B. ± Drehsinn, Manifest/Unmanifest) austauschen, ohne dass die Gesamtenergie – d.h. die Kohärenz des Ṛg Veda – verloren geht.

3. Dezimale Resonanz als Prinzip der Selbstorganisation
Im Dezimalsystem gilt:
  • Die Null (0) ist das Avyakta, das Nichts, das alles enthält.
  • Die Eins (1) ist der erste Ausdruck, z.B. die 1. Rich, der Keimpunkt des Manifesten.
  • Die Zehn (10) ist die Rückkehr der Eins in zyklischer Erweiterung – also Einheit in Vielheit.

Der Ṛig Veda organisiert sich selbst entlang dieser drei Ebenen:
  • Null (Avyakta) – Ursprung, Potential, stilles Feld;
  • Eins (Richa 1) – erste Manifestation der Struktur;
  • Zehn (Gesamtheit) – vollständiger Zyklus aller Ausdrucksformen.

Die vier Avyakta Sūktas markieren im dezimalen Zyklus jene „Null-Übergänge“, an denen die Struktur sich neu ausrichtet – ähnlich wie im Dezimalsystem jedes Mal, wenn eine Stelle „überläuft“, eine neue Ordnungsebene beginnt (9 → 10, 99 → 100).

Die Selbstorganisation des Ṛg Veda folgt somit einem resonanten, dezimalen Selbstbezugssystem, in dem das Avyakta als Nullpunkt der schöpferischen Dynamik fungiert.

So wie die Null im Dezimalsystem unsichtbar, aber unabdingbar ist, so ist das Avyakta der unsichtbare Taktgeber der vedischen Sprache. Es ermöglicht, dass das Ganze in jedem Teil enthalten ist – und dass die zyklische Struktur des Ṛig Veda sich selbst erhält, indem sie sich an vier Punkten symmetriebrechend neu organisiert.

Kulturtragendes und Resilienz förderndes Potenzial der Dezimalzahlen


Das Potenzial der Dezimalzahlen liegt nicht nur in ihrer Verwendung zum Rechnen, sondern auch in ihrer strukturellen Verwandtschaft mit grundlegenden Mustern menschlicher Wahrnehmung, sozialer Organisation und krisenfester Systemgestaltung. Die Nutzung dieses Potenzials wird möglich durch die Erweiterung der modernen Wissenschaft und Technik mittels der seit Urzeiten bewährten lebensrelevanten Erkenntnisse der Wissenskultur des alten Indiens, insbesondere durch  Meditation und Yoga.

Es  ist allgemein bekannt, dass das für das Entstehen der modernen wissenschaftlich-technisch-ökonomischen Zivilisation wichtige Zahlensystem aus der vedischen Kultur stammt. In der vedischen Zeit war das Dezimalsystem Teil der kollektiv-kohärenten Überstruktur, die für Ordnung, Wandel und Widerstandsfähigkeit und  die Bewahrung kultureller Integrität und  Krisenbewältigung verantwortlich war.

Das kulturtragende und resilienzfördernde Potenzial, das Dezimalzahlen beruht auf der Weisheit des Stellenwertsystems – die Balance zwischen Stabilität (durch die Stellen) und Transformation (durch den Überlauf/Kollaps). In das persönliche, gemeinschaftliche und institutionelle Handeln integriert, fördert das eine Kultur, die lernt, wächst und in der Krise nicht bricht, sondern sich ständig neu organisiert. 

Wirksam wird dieses Potenzial jedoch nicht durch mechanisches Rechnen, sondern durch das Anwenden der zugrundeliegenden bewusstseinsbildenden Prinzipien,  wie die Rolle der Null, die Bedeutung der Stellenwerte und die Anwendung der Kollaps-Intervall-Dynamik.

Strukturen nach dem Dezimalprinzip zu analysieren und zu etablieren, heißt, zu wissen
  • Was ist "Eins"? (Unsere kleinste, handlungsfähige Einheit.)
  • Was ist "Null"? (Unsere gemeinsame Basis, unsere Werte.)
  • Was sind "Stellenwerte"? (Modulare, redundante Subsysteme.)
  • Welche "Überlauf-Regeln" haben wir? (Welche Krisen führen nicht zum Kollaps, sondern zu einer Reorganisation auf einer höheren Ebene?)
D. h., der Übergang von 9 zu 10 ist kein bloßer Wechsel, sondern ein Modell für qualitative Sprünge – sei es in der persönlichen Entwicklung (Lernprozesse), in der Technik (Paradigmenwechsel) oder in der Gesellschaft (Revolutionen, Innovationen). "Überlauf" ist kein Scheitern, sondern Chance für einen Neuanfang auf einer anderen Ebene (analog zu 9 → 10). Große Projekte (die "10⁶") werden in handhabbare, modulare Einheiten (10³, 10², 10¹, 10⁰) heruntergebrochen (Dezimalprinzip der Skalierung).
Die Prinzipien der Dezimalstruktur (Modularität, Skalierung, Zentrum/Peripherie durch 0 und 1) können in Architektur und Design genutzt werden, um Räume zu schaffen, die sowohl Ordnung als auch Flexibilität ausstrahlen und damit kulturtragend wirken.

Das Potenzial der Dezimalzahlen ist

1. Kulturtragend durch universelle Verständigung

Gemeinsame Abstraktionsebene: Das Dezimalsystem bietet eine sprach- und kulturübergreifende Grammatik für Quantität und Relation. Handel, Wissenschaft und Diplomatie können auf dieser neutralen Basis stattfinden.
Demokratisierung des Wissens: Durch seine systematische, auf 0 und 1 aufgebaute Struktur ist es prinzipiell für jeden erlernbar. Es durchbricht elitäres Wissen und befähigt zur Teilhabe.
Vermittlung von Grundprinzipien: Es lehrt implizit die Konzepte von Bezugspunkt (0), Maßstab (1), Fairness (Gleichheit der Stellenwerte) und Systemgrenzen (Überlauf) – allesamt fundamentale kulturelle Werte.

2. Krisenfest durch strukturelle Resilienz

Modularität und Redundanz: Das Stellenwertsystem ist modular aufgebaut. Der Ausfall oder Fehler in einer Stelle (z. B. der Zehner) gefährdet nicht das gesamte System, sondern lässt sich isoliert korrigieren. Dies ist ein Grundmuster resilienter Systeme.
Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit: Das System kann nahtlos winzigste (10⁻ⁿ) und riesigste (10⁺ⁿ) Größen erfassen. Diese Skalierungsinvarianz erlaubt es, sowohl mit alltäglichen als auch mit außergewöhnlichen, disruptiven Ereignissen (Naturkatastrophen, Hyperinflation) umzugehen.
Fehlertoleranz durch Kollaps-Prinzip: Der "Überlauf" ist ein institutionalisierter, systemimmanenter Mechanismus zur Krisenbewältigung. Wenn eine Ebene (z.B. die Einer) überlastet ist, wird die Krise nicht verleugnet, sondern in einen konstruktiven Sprung in eine neue, höhere Organisationsebene (Zehner) transformiert. Dies ist die Arithmetik der Adaption und Transformation statt des Zusammenbruchs.